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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0135
wir mal spätestens im dritten Reich - zurückkommen wird. Wir wollen über alles
Klarheit haben, Herr Dr. Wirth!18

Im Sommer 1933 schrieb der Plattneranwalt Sinner, daß er die Möglichkeit
eines Meineidverfahrens, ausgehend von der Zwischenrufepisode im Prozeß 1932,
sofort erkannt habe. Er halte es aber für besser, wenn Plattner nicht persönlich
Klage erhebe: Man müßte in der Presse besonders auf diesen Punkt hinweisen
.19 Der „Alemanne" nahm sich der Sache an. Am 8. August 1933 (Nr. 217) erschien
ein Artikel mit der Schlagzeile: „Josef Wirth - das leibhaftige Novembersystem
. Ein Charakterbild aus verschiedenen Federn.20 Die Zentrumskoriphäe des
Meineids überführt." Zum Beweis, daß sich Wirth zu Unrecht gegen Plattners
Einwurf verwahrt habe, zitieren die Verfasser den Schluß der Wirthrede vom
25. Juni 1922 aus den Reichstagsprotokollen: Da steht (nach rechts) der Feind, der
sein Gift in die Wunden eines Volkes träufelt. - Da steht der Feind, und darüber
ist kein Zweifel: Dieser Feind steht rechts.

Wunschgemäß reagierte am 29. August 1933 der Generalstaatsanwalt in Karlsruhe
. Er gab der Staatsanwaltschaft Freiburg folgende Weisung: Gegen den früheren
Reichskanzler Josef Wirth ist, soweit noch nicht geschehen, ein Verfahren wegen
Meineids einzuleiten. Ich verweise auf den Artikel ... im Alemannen vom
8. August . . . Insbesondere wird der Reichstagsabgeordnete Plattner als Zeuge in
Betracht kommen. Am 19. September 1933 eröffnete daraufhin Landgerichtsrat
Dr. Straumann die Voruntersuchung. Er vernahm Zeugen und versuchte, Wirths
Aufenthalt zu erkunden.

Die ausführlichste schriftliche Zeugen aussage zum Feindzitat im Plattnerprozeß
machte der damalige Richter Hönl. Er erinnerte sich aber nicht daran,
wann es fiel, während Wirths Aussagen als Zeuge - und damit unter Eid - oder
als Nebenkläger nicht unter Eid. Er zitierte das Ende von Wirths bekannter Rede
aus einem zeitgeschichtlichen Werk: George Soldan, Zeitgeschichte in Wort und
Bild: Da steht der Feind, wo Mephisto sein Gift in die Wunde eines Volkes träufelt
, da steht der Feind, und darüber ist kein Zweifel: dieser Feind steht rechts.
Auch Karl Siegfried Bader, 1932 stellvertretender Staatsanwalt, konnte die wichtige
Frage des Zeitpunkts des Zwischenrufs aus dem Gedächtnis nicht klären. Er
erinnerte sich aber an den Vorgang: Als Wirth mit einer fast feierlich zu nennenden
Geste nachdrücklich zurückwies, das Zitat gesprochen zu haben, sei durch den
ganzen Gerichtssaal eine merkliche Bewegung gegangen.

Rechtsanwalt Sinner, Verteidiger Plattners 1932, sah sich ebenso außerstande,
sich zum Wann zu äußern, während Plattner selbst angab, beschwören zu können,
daß Wirth den Zwischenruf unter Eid stehend zurückgewiesen habe. Bemerkenswert
undifferenzierte Erinnerungen an den Prozeßhergang verraten die Aussagen
der beiden Schöffen, eines Lehrers einer Landgemeinde bei Freiburg und eines
Weinhändlers aus Endingen am Kaiserstuhl. Letzterer erinnerte sich weder an die
fragliche Passage, noch wußte er, daß das Zitat, Der Feind steht rechts, Wirth zugeschrieben
wird.

Um den Aufenthaltsort Wirths in Erfahrung zu bringen, wandte
sich der Untersuchungsrichter zunächst an die Freiburger Kriminalpolizei, dann
an das Landeskriminalamt, gleichzeitig Geheime Staatspolizei, in Karlsruhe. Er

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