http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1978/0169
Ortsgeschichte des Bodenseegebietes interessierten Leser einen Rahmen vermittelt, dem er
die folgenden Spezialuntersuchungen hätte einfügen können, die damit einen Zusammenhang
gewonnen hätten, der von den Einzelbeiträgen der unterschiedlich Verfasser nicht
ohne weiteres erwartet werden kann. So aber besteht der Eindruck, daß die Gelehrten
auch hier wieder einmal von Anf bis Ende vorwiegend fürein geschrieben haben.
Bodman und das Gebiet seiner Ausstrahlung, also zunächst der königliche Fiscus, dem
man diesen Namen gibt, wie auch später die Herrschaft der Herren von Bodman im Bereich
des Schwäbischen Ritterkreises stehen nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang
mit dem mittelalterlichen Breisgau und auch nicht mit der späteren vorderösterreichischen
Landgrafschaft dieses Namens. Die Anzeige in dieser Zeitschrift rechtfertigt sich aber auf
Grund des Belangs, den das überörtliche Thema Bodman, vornehmlich im früheren Mittelalter
, für die Geschichte ganz Alemanniens, des Königtums und des Herzogtums hat. Dabei
ist zu bemerken, daß der Umfang dieser Bedeutung nicht einhellig gesetzt wird. Gegenüber
gewissen Grundvoraussetzungen, die von manchen, nicht allen Autoren dieses
Bandes gemacht werden, sind Ansich vorgetragen worden, die den Begriff und die
herausragende Stellung einer Herzogs- oder auch Königspfalz Bodman einzuschränken
oder in Frage zu stellen geneigt sind, z. B. auch den Namen Pfalz hier nicht auf eine besondere
Gebäulichkeit, gar noch mit Pfalzkapelle, beziehen, sondern lediglich auf das auch
sonst in den Quellen als palatium bezeichnete königliche Gericht (so neuestens Gerh.
Baaken in: Ulm und Oberschwaben 42/43, 1978). Hinzu kommt, daß der Schluß auf die
Existenz einer bereits merowingerzeitlichen Herzogspfalz des 7. Jh., zumindest soweit er
sich auf eine in Bodman angenommene Münzprägung stützt, wie sie Friedrich Wielandt
schon früher und auch in diesem Band (S. 161—168) vertritt, auf Grund neuerer Ergebnisse
der Forschung hinfällig geworden sein dürfte. Auch der ausführliche Grabungsbericht von
Wolf gang Erdmann (S. 69 144) kommt zu dem Ergebnis, daß die Existenz einer Pfalz in
vorkarolingischer Zeit weder bestätigt noch verneint werden kann. Erst mit den Besuchen
Ludwigs des Frommen gegen Mitte des 9. Jh., so sagt er vorsichtig, „könnte auch der
Bau einer Pfalz verbunden gewesen sein". Ferner muß die Deutung des Namens — oder
der Namen — Rugium Bodungo in der Ortsliste des Geographen von Ravenna (um 700)
durch Bruno Boescb (S. 145 152) auf einen königlichen Ort Bodman immerhin die Annahme
zweier fehlerhafter Schreibungen zu Hilfe nehmen. Hans Lieb lehnt in seinem
Beitrag (S. 153 159) eine solche Deutung ab. - Nur ein Teil der Beiträge des reichhaltigen
Bandes, deren Gegenstand von der urgeschichtlichen Zeit über die Römerzeit bis ins Hochmittelalter
reicht, kann hier noch im besonderen aufgeführt werden. Die Pfalz Bodman
behandelt Arno Borst (S. 169-230'), den Fiscus Bodman Helmut G. Walther (S. 231 276),
der aus archäologischen und anderen Gründen die Existenz eines alemannischen Herzogsitzes
in Bodman verneint, wenn auch dadurch dem Ort nicht jede Bedeutung abgespro-
ch werden sollte. Die von A. Borst in glänzender Darstellung behandelte karolingische
Pfalz wird einen Vorläufer irgendwelcher Art gehabt haben. Nach 9 also seit der
Epoche der sächsischen Könige und Kaiser, ist von einer Pfalz Bodman, sei diese nun ein
„Palast" oder nur ein königlicher Wirtschaftshof und Ort königlich Versammlungen,
nicht mehr die Rede. Immerhin behielt der Platz offenbar eine mehr als mittelmäßige
Bedeutung für Schwaben. In dieser Angelegenheit etwas mehr Klarheit zu bringen, ist der
Beitrag des inzwischen verstorbenen Hans Jänichen (S. 309 316) mit Erfolg bemüht. Demnach
bestand in Bodman am Ort des dortigen Fronhofs (Bühelhofs) schon seit früher Zeit
ein Freigericht, dem seit etwa 1146 die Pfalzgrafen von Tübingen als Vertreter des Königs
vorstanden, und dem bei ihrer Abwesenheit die Herren von Bodman vorsaßen. Diese
dürften somit schon seit ca. 1100, wenn nicht früher, als Vertreter des Königs im Gericht
am Ort verwurzelt gewesen sein. Mit der Frage der Anfänge der Herren von Bodman
und ihrer ursprünglichen sozialen Stellung beschäftigt sich eine Untersuchung von Karl
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