http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1982/0028
bedauerlichen Casus*' melden die Gerichtsakten des Ritterschaftsarchivs lediglich
eine Wirtshausschlägerei zwischen Munzingern und markgräflichen Soldaten aus
Mengen. Die Angelegenheit wurde aber im beiderseitigen Einvernehmen niedergeschlagen
. Über das dörfliche Leben hat Simon Scherer, dessen Vater aus Horben
eingewandert war, sehr lesenswerte Erinnerungen hinterlassen. Eine relativ große
Zahl von Munzingern, nämlich 12, hat zwischen 1600 und 1806 in Freiburg studiert
. Zwischen 1750 und 1850 wurden 10 Munzinger zu Priestern geweiht. Der
Zuzug nach Freiburg war nach Ausweis der Kirchenbücher des Münsters gering.
Bedeutender war die Auswanderung nach Ungarn, die aber nicht die Ausmaße
der Jahre 1852—72 erreichte, als 42 Einwohner nach den Vereinigten Staaten,
meistens nach Ohio, emigrierten. Nach Wien zog Ende des 18. Jahrhunderts Bartholomäus
Mayer und wurde dort kaiserlicher Hofkutscher. 1806 starb Friedrich
Wiffel, Sohn des Gemeindeschreibers, als bekannter Bildhauer in Paris.
Das 18. Jahrhundert endete mit Schrecken. 1796 wurde das Dorf dreimal geplündert
und das Schloß übel zugerichtet, vor allem in den zehn Tagen, in denen
der französische General Tarreau hier wohnte. Von ihm weiß die Überlieferung
zu berichten, daß er seine Bäder in Kirschwasser nahm. Etwas später lagerten
6000 Mann auf der Gemarkung, davon 1000 im Ort selbst. Kurz danach wohnte
der Erzherzog Carl hier, bevor er seinen Einzug in Freiburg hielt.
Wiederum hat sich das Dorf von den Schrecken des Krieges erstaunlich schnell
erholt. Selbst in den schlimmsten Zeiten und trotz der Kriegsverluste ist die Einwohnerzahl
gestiegen. Von der Hartnäckigkeit der Munzinger mag auch folgende
Geschichte vom Ende des 18. Jahrhunderts zeugen: Nach einer Verordnung Kaiser
Josephs II. sollte auch die Ehrentrudiskapelle als entbehrliche Nebenkirche
außer Gebrauch gesetzt und die Liegenschaften veräußert werden. Der Widerstand
war allgemein und spontan. Bei der hohen Behörde aber trug die Gemeinde
vor, die Kapelle sei unentbehrlich, da sie auf der Höhe stehe und gleichsam als
Wachhaus diene, von dem aus bei einem Feindeinfall die Bevölkerung mittels des
Glöckleins gewarnt werden könne. Auch diene sie den Feldarbeitern bei Unwettern
als Unterkunft und eine Schließung werde ein „Auslaufen*' der Bevölkerung
zu entfernteren Andachtsorten zur Folge haben. Solchen Argumenten konnte sich
auch die Regierung nicht widersetzen. Die Kapelle blieb stehen, und sie steht
noch heute als Wahrzeichen Munzingens.
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