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Überlingen ußgangen, ein copy einer appellazion an uns zögende zugesant und nach derselben
von Überlingen fryhait, als ir vermainen, an uns gezogen, geappelliert und daby umb der ge
rechtigkeit üch und üwern widerteil für uns tag zu setzen gebeten und angerüfft, haben wir ver
nomen und sol nieman zwiveln, was wir der gerechtigkeit zu lieb wissen zu arbaiten, das wir
darzu insonder geneigt weren, aber daß uns gezain sollicher appellatz und sach zu beladen oder
üch beiden ziehen einich tag, dieweil wir der obgen. von Überlingen fryheit und zog diser appel
latz nach nit verstenntlich underricht sint, zesetzen, mögen ir selbs wol vermercken, nit fug noch
weg haben, nachdem wir wissen, die von Überlingen ir recht by uns in gezweyten urteilen mit
unser volg zu entscheiden zunemen. Wo wir aber solichs frylichs zogs als ir melden gruntlich
zögung oder underrichtung vernehmen wolten, wolten wir uns dem rechten zulieb und fürderung
zulieb und fürderung aber bewysen, als sich denn heischen und gepüren würd. Datum mitwoch
post Quasimodogenti.22
Der Hinweis auf den Rechtszug bei gezweitem Urteil entstammt mit ziemlicher
Sicherheit dem ,,Roten Büchlein4', das — wie schon ausgeführt — für Überlingen
keinerlei Besonderheiten im Verfahren erwähnt. Es fällt auf, daß Freiburg
keine konkreten Sprucherledigungen für Überlingen anführt. Dies läßt darauf
schließen, daß man solche nicht zur Hand hatte. Ob Überlingen überhaupt jemals
den Rechtszug nach Freiburg genommen hat oder ob man ihn in Form der Appellation
jetzt erst entdeckte, muß angesichts der Quellenlage unentschieden bleiben
. Die Freiburger Oberhofakten setzen erst mit Beginn des 15. Jahrhunderts
ein; dabei findet sich vor 1466 kein Zugurteil für Überlingen. Wie das Appellationsgesuch
von 1466 nach der zunächst abschlägigen Antwort weiter behandelt
wurde, ist gleichfalls nicht mehr zu ermitteln. Es ist möglich, daß die Appellanten
das Verfahren in Freiburg nicht mehr weiter verfolgten.
Wahrscheinlicher ist, daß man von Überlingen das ,,Appellationsprivileg44
nachweisen ließ und daß der Freiburger Rat darauf die Berufung annahm. Hierfür
scheint die Tatsache zu sprechen, daß Freiburg im Jahre 1494 den lateinischen
Wortlaut des Privilegs besitzt. Der Stadtschreiber Zasius mochte dieses bei
der Einrichtung des Zugurteilbuches gefunden und unter der Überlinger Rubrik
eingetragen haben.
Das Schreiben der Appellanten an den Freiburger Rat verwendet den Begriff
,,Appellation44 freilich nicht, sondern spricht nur von ,,Zug44. Jedoch abgesehen
davon, daß von der auch jetzt wenig differenzierenden Terminologie kaum Aufschlüsse
zu erwarten sind, ist aus der Behauptung einer Beschwerde sowie aus
dem Verlangen nach einer Neuverhandlung der Charakter der Appellation ersichtlich
. Kein Zweifel mehr läßt schließlich das beigefügte Appellationsinstrument
, das von einem Konstanzer Notar nach allen Regeln der Notariatskunst ausgestellt
ist:
In gottes namen amen, von siner geburt viertzehendhundert sechs und sechtzig, der vierzehenden
Römer zinszal genant indicio, by regirung des aller hailigsten in gott, vatters und herren, hern
Pauls, von göttlicher fürsichtigkait babste des andern im andern jare uff den ain und zwantzigi
sten tag des monats mertzen umb die andere stund nach mittag zu Costentz in der statt und inn
Conrat Aulbrechts des statt schribers huse und in der grossen Stuben vor mir offen notarien und
den nachgeschriben gezugen sind personnlich erschinen die fromen Waltz Franck von Überlin
gen und Gebhart Dacher von Costentz und erzögten alda ain appelation uff ainer pabirin kartn
geschriben und appelierten nach innhalt der selben appelacion von ainem, als sy mainen, gehai
ßen untogentlichen und unbillichen urtal inen durch die fürsichtigen und wysen aman und urtal
Sprecher zu Überlingen in der sach und spenne zwüschen in denselben Waltzen Francken und
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