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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
101.1982
Seite: 79
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einstimmendes Privileg, jedoch mit dem Unterschied, daß für Buchhorn der
Rechtszug nach Überlingen angeordnet wird:

quicunque civium de ßuochhorn ab aliqua appellat sententia, illam appellationem iuxta ius et
statuta civitatis de Uberlingen prosequetur.54

Das oben zur „appellatio" Gesagte gilt selbstverständlich auch hier. Ob freilich
Buchhorn von diesem Rechtszug jemals Gebrauch machte, ist mangels
schriftlicher Zeugnisse kaum zu ermitteln. In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts
scheint von einem solchen Rechtszug in Überlingen nichts mehr bekannt gewesen
zu sein. Das Verfahrensmuster Buchhorn-Überlingen war also auf das Verhältnis
Überlingen-Freiburg nicht mehr übertragbar. Der gedankliche Hintergrund
für eine auswärtige Gerichtsbarkeit muß daher anderswo gesucht werden.

Das Stadtrecht von Schaff hausen von 1385 enthält die Bestimmung, daß Ansprüche
von Schaffhauser Bürgern oder gewesenen Bürgern für die Zeit ihres
Bürgerrechts gegen die Stadt ,,vor ainem schulthaissen und raut zu Diessenhoven"
und nirgends anders anhängig gemacht und entschieden werden sollen. Diese Zuständigkeit
Diessenhofens wurde später ersetzt durch ,,burgermaister und raut zu
Überlingen.'*55 Seit der Mitte des 15. Jahrhunderts sind dann auch entsprechende
Urteile des Überlinger Rats für Schaffhausen nachweisbar.56 1482 bestätigt ein
eidgenössisches Schiedsgericht die Rechtsprechungskompetenz Überlingens für
Prozesse von Schaffhauser Bürgern gegen deren städtische Organe.57 Der Grund
dieser Regelung ist einsichtig: durch Verlagerung nach außen soll ein Richten in
eigener Sache vermieden werden.

Die Rechtsprechungshilfe für Schaffhausen war indessen nicht die einzige Entscheidungstätigkeit
Überlingens dieser Art für auswärtige Orte. Im Jahre 1466 erteilte
Kaiser Friedrich III. den Appenzellem ein Exemtionsprivileg, das sie vom
königlichen Hofgericht und allen Landgerichten befreite und allein die Appenzeller
Gerichte für zuständig erklärte. Lediglich Klagen gegen Landammann, Rat
und Gemeinde mußten aus Gründen der Interessenkollision auswärtig anhängig
gemacht werden, nämlich vor Bürgermeister und Räten einer der fünf Städte
Konstanz, Zürich, Lindau, Überlingen oder St. Gallen.58

Auch für Überlingen selbst war im Kollisionsfall eine auswärtige Entscheidungskompetenz
vorgesehen. Als 1433 Kaiser Sigismund den Überlingern die Befreiung
von fremden und auswärtigen Gerichten bestätigte, wurde darüberhinaus bestimmt
, daß Ansprüche gegen die Stadt selbst vor niemand als dem Kaiser, dem
Reichslandvogt in Schwaben oder vor den Räten der Reichsstädte Konstanz, Lindau
oder Ravensburg geltend gemacht werden sollten.59

Diese mehr oder weniger institutionalisierten Rechts- und Entscheidungshilfen
für Auswärtige, zu denen zahlreiche Berufungen als Schiedsrichter sowie kommissarische
Wahrnehmungen kaiserlicher Gerichtsbarkeit hinzukamen, wurden meist
unter dem Begriff ,,Austräge'* zusammengefaßt. So werden noch 1770 vom
Stadtkonsulenten Johann Josef Ignaz Koler v. Sandholz in einer „Rechtlichen
Abhandlung'4 sowohl das im Privileg von 1275 genannte Freiburg wie auch die
im Privileg von 1433 erwähnten Städte Konstanz, Lindau und Ravensburg als
,,Austregal-Städte" bezeichnet.60 Tatsächlich scheint man im 15. Jahrhundert die

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