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um den einzigen Erben fürchtet, das Vermögen nicht der Verwandtschaft gönnt.
Die meisten Berichte zeugen von großer Zuneigung und Liebe der Eltern zu ihren
Kindern, die nach einem Unfall gerettet oder von einem Leiden geheilt wurden.
Häufig werden Kinder Opfer von Unfällen, besonders oft durch Ertrinken20
(z. B. Nr. 156—158, 187, 198, 207); seltener wurde ihnen ein Sturz zum Verhängnis
, z. B. vom Balken in einer Scheune (Nr. 162, 211). Solche Unfälle zeugen von
einer wenig kindgemäßen'4 Umgebung (Brücken und Stege ohne Geländer), von
mangelhafter oder fehlender Hut über die Kleinkinder: Geschwister, die ein paar
Jahre älter sind, erweisen sich ihrer Aufsichtspflicht als nicht gewachsen; Erwachsene
haben keine Zeit, sich um das Kind zu kümmern, weil sie in Haushalt
und Gewerbe oder bei der Ernte gebraucht werden.
Wiederholt ist von totgeborenen Kindern die Rede, so etwa im 142. Protokoll:
Frauen, die bei der Geburt behilflich waren, baden immerhin das Kind. Der
Vater mahnt sie, Gott und den hl. Theobald um Gnade anzurufen; auch er wolle
darum bitten, ,,also dasz dem kind ein sele wirde". Nach einer Stunde vergeblichen
Mühens wärmt die Hebamme das Neugeborene am Feuer; endlich setzt die
Atmung ein. — Mehrfach wird berichtet, daß ein lang ersehntes Wunschkind tot
geboren und dank der Hilfe des mächtigen Himmelsfürsten lebendig wurde (z. B.
Nr. 172). Gelegentlich wird der hl. Theobald auf subtile Weise unter Druck gesetzt
: Zum größten Herzeleid beider Eltern hat Elsa Schwebler in ein totes Kind
geboren. Dem mächtigen Nothelfer und Fürbitter wird versprochen, das Kind
Diepolt zu nennen und es zusammen mit einem Opfer nach Thann zu bringen.
Nach einer Stunde wird das Kind lebendig (Nr. 213).
Aus zahlreichen Berichten spricht eine starke Bindung des Vaters zum Kind.
Ein Kind verunglückt; der Vater gibt es nicht auf, obwohl das Volk ihn bedrängt
, er solle es doch Gott geben; er ,,kuste es" und findet in der Genesung
des Kindes Trost (Nr. 105). Verständlich wird das große Leid auch des Vaters gerade
dann, wenn er das einzige Kind verlieren soll: Der Vater eines todkranken
Kindes ,,wasz sich selbs vor leit rovffen"; er bittet Gott und Theobald, ihm dieses
Kind zu lassen, da seine anderen Kinder einer Seuche zum Opfer gefallen sind
(Nr. 145). Schon erwähnt wurde der Bericht Nr. 139: Der Vater hatte ein
Wunschkind Theobald in Thann erfleht; im Alter von fünf Jahren verliert er dieses
Kind. Er gelobt auch für den Fall die Wallfahrt nach Thann und Gubbio,
daß das Kind nur noch tot geborgen werden kann. Die Suche nach dem Kind, an
der sich etwa tausend Menschen beteiligen, wird nachts abgebrochen. Im Traum
erhält der Vater die Weisung weiterzusuchen. Am nächsten Morgen wird das
Kind lebend gefunden. Wie viele andere schließt der Bericht mit den Worten:
,,lop sy got der so wunder bar ist in sinen heiligen" (Nr. 139).
Mitleiden spiegelt sich in dem Protokoll von der Heilung eines behinderten
Neugeborenen: Der Arm ist deformiert, die Hand am Ellenbogen angewachsen;
,,das wee vnd vngestalt des kinds" bewegte die Mutter (Nr. 177). — Dank der
Hilfe des hl. Theobald wurden Kinder auch von Steinleiden geheilt (Nr. 158, 201).
Eine Mutter hat gerade ihrer Tochter das Münster in Thann gezeigt, ,,in dem das
tochterlin mit andacht ist bewegt worden, Got vnd sand thiebolt zu loben. Da ist
dem kind wider wee worden, sprechend: ,Muter, ich empfinde, der heilig welle
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