http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1982/0227
Am schlechtesten bei der ganzen Geschichte kam die Gemeinde weg und auch
das Erzbistum. Das Kloster war zu einem guten Teil mit Unterstützung Ortsansässiger
errichtet und unterhalten worden. Dessen ungeachtet gingen alle Bemühungen
der Stadt, dieses für 2500 fl zu erwerben und als Armenhaus zu verwenden
, ins Leere. Die Ansprüche des erzbischöflichen Ordinariats in Freiburg, das
gegen den Verkauf protestierte und die Exsekration des Gotteshauses verweigerte,
hatten ihren Grund im Reichsrezeß von 1803. Dieser hatte zwar die Klöster zur
Disposition der Landesherren gestellt, jene aber für den Fall der Aufhebung zur
Aufrechterhaltung der Seelsorge verpflichtet, was hinsichtlich der Mendikanten
die Anstellung und Besoldung von weltlichen Aushilfspriestern bedeutete. Großherzog
Ludwig suchte dieser Obliegenheit — wenn auch spät — im Jahr 1820
nachzukommen, als er die in Baden noch bestehenden 13 Kapuziner- und drei
Franziskaner-Observanten-Klöster zu allgemeinem Kirchenvermögen erklärte und
dem katholischen Kirchenfiskus zuwies gegen Übernahme etwa notwendig werdender
Unterhaltszahlungen an die Restkonvente und Anstellung von Kapitelsvikaren
. Die fürstenbergischen Kapuziner-Niederlassungen, auf die schon das badische
Finanzministerium nach der Mediatisation im Sommer 1806 vergeblich
Anspruch erhoben hatte, blieben hiervon zum größten Befremden des Konstanzer
Ordinariats ausgenommen.12 War dieses mit seiner Forderung nach Beachtung des
Reichsschlusses durch Fürstenberg schon angelegentlich der Liquidation der Häuser
in Engen 1820 und in Meßkirch 1826 nicht durchgekommen, so war nun auch
dem Freiburger Generalvikar Hermann von Vicari kein Erfolg beschieden. Nachdem
die Standesherrschaft einen Hofadvokaten in Karlsruhe eingeschaltet hatte,
verlangte die Staatsregierung die Beendigung des Streits und die Entweihung des
Gotteshauses.
Die einstigen Kapuziner-Baulichkeiten in Neustadt sind, wie schon angedeutet,
im großen und ganzen noch erhalten. Allerdings befinden sie sich nicht im besten
Zustand. Während die Konventsflügel die letzten 150 Jahre ohne übermäßige
äußere Veränderungen überstanden haben, ist das Kirchenlanghaus, das durch
einen Brand gelitten und starke Umbauten erfahren hat, nur mit einiger Phantasie
als solches zu erkennen.
ANMERKUNGEN
i Die einzige Abhandlung über dieses Kloster, die diesen Namen verdient, stammt vom Chronisten
der vorderösterreichischen Kapuziner Provinz, dem P. Romualdus Stockacensis: Historia Provin
ciae Anterioris Austriae Fratrum Minorum Capucinorum, Kempten 1747, S. 139 ff (Monasterium
Neostadiense). Einige Fakten bieten auch der Augustiner Pater Franciscus Petrus, Suevia Eccle
siastica Seu Clericalia Collegia tum secularia tum regularia: Quaevis item Diversorum Religiosorum
Ordinum Utriusque Sexus Monasteria Nova et Antiqua in Celeberrimo et Amplissimo Sac. Rom.
Imp. Circulo, seu Ducatu Sueviae consistentia Augsburg/Dillingen 1699, S. 633 f., und
W. Göbel in seiner faktenreichen, aber unsystematischen ,,Chronik und Familiengeschichte von
Neustadt (Schwarzwald)'4, Neustadt 1951, S. 118 ff und 385 ff.
An Archivalien standen zur Verfügung:
1. Fürstlich Fürstenbergisches Archiv in Donaueschingen (= FFA), Abt. Ecclesiastica 8 / IV / 1 7,
und Abt. Hauptabteilung A 21 / XXII / 4.
2. Erzbischöfliches Archiv in Freiburg, Akten der Diözese Konstanz, ein Faszikel betr. das Kapu
ziner Kloster in Neustadt 1669 1828.
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