http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1982/0329
,,Dritter Barock'4 vor dem Untergang bewahren konnte. Es scheint Vorläufer für
das Verlagshaus Herder gewesen zu sein, das gleichfalls Carl Anton und Max
Meckel errichteten. Die zierliche Eingangszone mit den flankierenden Säulen und
dem darüberliegenden Balkon der Klinik in der Marienstraße findet sich monun-
mental ausgebaut an der Südfassade des Verlagshauses Herder wieder.
Dieses imponierende rote Sandsteingebäude, das die Architekten damals noch
als „Oberdeutschen Barock" bezeichneten, entstand 1910 bis 1912. Der sich um
Innenhöfe gruppierende Gebäudekomplex mit Mittelrisalit- und Eckpavillons
spricht nicht nur in kräftiger Weise die Formensprache des Dritten Barocks, sondern
auch die des historischen Barockstils.
Der Jugendstil, der sich in seiner monumentalen Ausformung und unter Ein-
schub klassizistischer Elemente besonders für Banken und Warenhäuser eignete,
wurde in Freiburg auch auf diesem Gebiete sehr bald vom Dritten Barock abgelöst
. Beispielhaft für diese Entwicklung sei das Haus Münsterstraße 2 genannt,
das 1911 von Hermann Schmidt, einem ursprünglichen Jugendstil-Architekten,
für die Bank für Handel und Industrie erbaut wurde. Heute befindet sich in dem
Gebäude eine Niederlassung der Dresdner Bank.
Für die sich aus dem Jugendstil entwickelnde Barockphase sei auf den Gebäudekomplex
Rennweg 15 — 17 und Sautierstraße 38 — 46 hingewiesen. Hier
waren von 1905 bis 1914 die Architekten M. Reiher, Max Müller, B. Wildmann,
Schmidt und Wiedmann tätig. Sie schufen einen bürgerlichen Wohnungsbau, der
ob der gekonnten Variation barocker Stilmittel und gelegentlicher Jugendstileinflüsse
zu dem abwechslungsreichsten zählt, was die Baukunst in Freiburg in dieser
Zeit und in dieser Epoche aufzuweisen hat.
Eine dem Bauensemble Sautierstraße/Rennweg vergleichbare Baugruppe steht
auch am Komtur platz. Gemeint ist der Bereich Komtur platz 4/Karlsruher Straße 2
bis zur Zähringerstraße, soweit die Architekturen dem Dritten Barock zuzurechnen
sind. Auch diese verraten ihre Entwicklung aus dem Jugendstil. Gestaltet
haben sie um das Jahr 1913 Oskar und Franz Geiges. Komparabel ist auch die
Häusergruppe der Eckbebauung Lorettostraße/Schwimmbadstraße mit dem Haus
Lorettostraße 40, in dessen 3. Stock der Philosoph Edmund Husserl lebte. Die
Gebäudegruppe wurde 1912 von der Architekten-Sozietät Hopp und Hofmann
erbaut.
Sehr bald werden die barocken Formen jedoch strenger, wie dies an dem Doppelhaus
Kirchstraße 24 — 26 abzulesen ist, das 1913 von Kiesel & Zähringer errichtet
wurde. Die Jahre nach dem Ersten Weltkrieg brachten dagegen eine Auflockerung
der barocken Formen bis hin zu der Verwendung von Rokoko-Ornamenten,
wie dies auch in der ausklingenden Barockzeit des 18. Jahrhunderts üblich war.
Beispielhaft für diese Phase sei die repräsentative Villa Werthheimer in der
Jacobistraße 42 genannt; Architekt war 1923 — 1924 Hans Christen. In der Villa
am Aschoff platz ist heute das Finanzgericht untergebracht. Der Freiburger Architekt
Hans Christen war auch der Schöpfer der 1944 zerstörten Lutherkirche, die
1912 — 1919 in einer sehr strengen Auffassung des Dritten Barocks mit klassizistischen
Elementen errichtet wurde.
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