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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 45
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0047
Persönlichkeit zu Husserl nach Freiburg, trotzdem läßt sich aber behaupten, daß
sein Freiburger Aufenthalt vor allem auf seine Arbeiten im Bereich der Ästhetik großen
Einfluß hatte.

Ein zweiter bedeutender Schüler Husserls war der bekannte tschechische Philosoph
Jan Patocka(1907—1977), der erste Sprecher der ,,Charta 77". Nach Beendigung
des Studiums der Philosophie an der Karls-Universität in Prag kam Patocka
1933 als Stipendiat der Humboldt-Stiftung nach Freiburg. Husserl lud den jungen
tschechischen Philosophen bald darauf in seine Wohnung in der Lorettostr. 42 ein,
wo er ihn mit den Worten begrüßte: ,,Na endlich! Ich habe Schüler gehabt aus aller
Herren Länder, aber daß ein Landsmann zu mir gekommen wäre — das hat sich
noch nie ereignet.'* Der Mähre Husserl hatte selbstverständlich Grund, den Böhmen
Patocka als seinen Landsmann zu betrachten. Patocka erinnerte sich später gerne an
die fast täglichen ,,philosophischen Spaziergänge" mit Husserl und dessen damaligen
Assistenten, dem nachmaligen Freiburger Ordinarius für Philosophie Eugen
Fink. Diese Spaziergänge führten meist über den Burghaldenring auf dem Schloß-
berg, oft bis hin nach St. Ottilien.

Nach der Beendigung seines Studienaufenthalts in Freiburg im Sommer 1933 hielt
Patocka seinen Kontakt zu Husserl weiter aufrecht. Im Dezember 1934 kam
Patocka erneut nach Freiburg — diesmal hauptsächlich deshalb, um Husserls Besuch
in Prag im Jahre 1935 vorzubereiten. Über diesen zweiten Aufenthalt in Freiburg
schrieb Patocka später: „Am heiligen Abend bekam ich von Husserl ein einzigartiges
Geschenk. Auf den ersten Blick unscheinbar — ein hellbraunes Stück Holz
— entpuppte es sich beim näheren Umgang als ein einfaches Lesepult, zum Aufstellen
des Buches beim Studium. Es war das Lesepult, das Masaryk bei seiner Abreise
aus Leipzig dem jungen Mathematiker, der sich für Philosophie interessierte, zurückließ
, und das dieser seit Ende der siebziger Jahre noch immer aufbewahrte — in
treuem Andenken!" Husserl hielt die Beziehungen zu Masaryk bis zu dessen Tod im
Jahre 1937 aufrecht.

1935 besuchte Husserl auf Initiative Patockas Prag und hielt sowohl im Prager
Philosophischen Kreis als auch im Prager Linguistischen Kreis Vorlesungen, wobei
er auch mit Roman Jakobson Freundschaft schloß. Leider ließ sich Husserl aber damals
nicht von O.Kokoschka — der zu dieser Zeit in der Prager Emigration lebte —
dazu überreden, ihm für ein Porträt Modell zu sitzen.

Zu einer letzten Begegnung Patockas mit Husserl kam es im Herbst 1937 in Freiburg
, als Patocka vom Philosophen-Kongreß in Paris zurückkehrte. Hierüber bemerkte
Patocka später: Schon vor dem Kongreß ereigneten sich düster stimmende
Verluste: Masaryks Tod, Rädls Zusammenbruch [eines tschechischen Philosophen
und Schülers von Masaryk — A. M.]. Nun fand ich aber auch Husserl, den Mann
des Muts zur unerbittlichen Klarheit, nicht wenig düster gestimmt. Er wußte von der
furchtbaren Ungunst der Lage und machte sich keine Illusionen — der tschechoslowakische
Traum war für ihn ausgeträumt, das Lebenswerk wieder einer vollkommenen
Dunkelheit ausgeliefert, für das Land selbst sah er keine Hoffnung." Husserl
mußte auch die Hoffnung aufgeben, nach Hause — in die böhmischen Länder -
übersiedeln zu können, wo er sein Archiv deponieren wollte und worüber er mit
Patocka in ständigen Verhandlungen stand.

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