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gewechselt sein kann. Zwar mußte auch die SPD starke Stimmeneinbußen hinnehmen
, die wohl auf die Tolerierung der Brüning'sehen Notverordnungspolitik zurückzuführen
sind, aber diese Verluste kamen zum größten Teil der KPD zugute.
Für die Sozialdemokraten hatte die Papenregierung ,,den Kommunisten die Hasen
in die Küche gejagt", da die KPD in Freiburg nur über eine schwache Organisation
verfüge, die Parteipresse praktisch unter Ausschluß der Öffentlichkeit erscheine und
auch die Wahlpropaganda nicht besonders aufgefallen sei. Dazu kam noch das Verbot
der kommunistischen Freidenker Organisation, der Kampf gegen die Gottlosenbewegung
und die stark gekürzten Erwerbslosenbezüge, die in der Wahlwoche erstmals
ausgezahlt worden waren. Die Stimmengewinne der KPD in Haslach führte die
SPD auf die von ihr stark bekämpfte Mietzinspolitik der Stadt Freiburg zurück.23
Besonders die Zwangsräumungen in diesem Stadtteil, die auch von der Freiburger
Polizeidirektion nur ungern durchgeführt wurden, radikalisierten die stark von der
Arbeitslosigkeit betroffene Bevölkerung.24 SPD und KPD zusammen verloren zwischen
1930 und 1932 jedoch nur 79 Stimmen.
Bei einer Betrachtung der einzelnen Freiburger Wahlbezirke zeigt sich aber auch,
daß einige SPD-Wähler zur NSDAP abgewandert sind. Dazu eine kleine Illustration
. Im Bereich der Schwarzwaldstraße, der Büß-, Schwendi- und Seminarstraße
hatten SPD und KPD 1930 zusammen 315 Stimmen erhalten; 1932 dagegen nur
noch 273, ein Rückgang also um fast 15 %. Es kann natürlich auch sein, daß ehemalige
SPD-Wähler aus Verbitterung der Wahlurne fernblieben. Umgekehrt nahmen
im Bereich der Freiau-, Hummel-, Kronen-, Lessing- und Merzhauserstraße die
Stimmen der Arbeiterparteien SPD und KPD noch zu. 1930 stimmten 466 Wähler
für sie, 1932 dagegen 487; eine Steigerung um fast 5 %. In Günterstal fiel der Zuwachs
noch eindrucksvoller aus, von 119 auf 152 Stimmen, um mehr als ein Viertel
also.
Deutlich wird damit aber auch, wie vorsichtig man selbst auf Stadtebene noch mit
Aussagen über Wählerwanderungen sein sollte. Zu bemerken ist allerdings gerade in
bezug auf die sozialistischen Arbeiterparteien, deren Wählerpotential ursprünglich
ein Hauptziel der Nationalsozialisten gewesen war, daß die NSDAP in den Hochburgen
der SPD meist deutlich unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielte. Eine gewisse
Abweichung stellte interessanterweise Haslach dar, das neben seinem hohen
Arbeiteranteil auch einen hohen Protestantenanteil aufwies, so daß die im allgemeinen
negativen Folgen für den Wahlerfolg der NSDAP durch den hohen Arbeiteranteil
hier durch die im allgemeinen positiven Folgen durch einen hohen Protestantenanteil
aufgewogen wurden. Immerhin lag das Ergebnis der Nationalsozialisten in
Haslach 1930 leicht über und Juli 1932 bzw. März 1933 leicht unter dem Stadtdurchschnitt
, ohne deswegen jedoch SPD und KPD entscheidend zu schwächen, die zusammen
bis einschließlich März 1933 deutlich stärker blieben.
Sehr viel schlechter sah die Lage der SPD außerhalb der Stadt im Amtsbezirk
Freiburg aus, wo sie von 1930 bis 1932 über ein Viertel ihrer Stimmen verloren hatte.
Allerdings fehlten ihr in den Dörfern zumeist die Möglichkeiten, einen regen Wahlkampf
zu führen. So berichtete die Volkswacht z.B. aus Ihringen, daß es der SPD
von vornherein unmöglich gewesen sei, „eine Wahlversammlung abzuhalten und
intensive Wahlarbeit zu leisten. Die ganze Wahlarbeit muß auf Plakatanschlag und
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