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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
102.1983
Seite: 131
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1983/0133
Schätzung Heideggers könne ich ihm doch nicht die Qualitäten für ein solches Amt
in heutiger Zeit zutrauen."42

Daß Schadewaldt im Zusammenhang mit der von ihm geforderten Gleichschaltung
den beamteten Lektor für klassische Philologie und außerplanmäßigen außerordentlichen
Professor Wolfgang Aly für Eduard Fränkel zum Senatsmitglied vorschlug
, ist eigentlich unbegreiflich aus bisheriger universitätspolitischer Sicht, sondern
nur verständlich, wenn die Gleichschaltungseuphorie berücksichtigt wird, auf
deren Woge hätte Aly ins Ziel gebracht werden können. Eher ist zu vermuten, daß
Schadewaldt selbst an Stelle Fränkels in den gleichzuschaltenden Senat drängte, wie
denn auch am 21. April geschehen ist. Mit aller Vorsicht kann hier ein gerüttelt Maß
an instituts- und fakultätspolitischem Ehrgeiz unterstellt werden. Damit haben wir
gewissermaßen einen Blick hinter die Kulissen der Freiburger Szene geworfen, während
auf offener Bühne die Akteure weiterspielten.

Der neue Rektor berief auf Dienstag nach Ostern, 18. April, seine erste Senatssitzung
ein, bereits konfrontiert mit dem oben diskutierten Angriff im Alemannen"
vom selben Tag — ein isoliertes Vorgehen oder abgestimmte Aktion? — non liquet!
Und auf dieser Sitzung, von der wir nur aus Sauers Tagebuch wissen (die Akten des
Universitätsarchivs schweigen sich aus, soweit die Aktenlage überhaupt festgestellt
werden konnte), referierte v. Möllendorff über die neue durch die Juden-Erlasse
und die enttäuschend verlaufene Rektorenkonferenz geschaffene Situation sowie
über die „Notwendigkeit, eine teilweise Erneuerung der Wahlen für Senat und Dekanate
durchzuführen", wie Sauer vermerkte.43 Nicht das Mindeste deutet darauf
hin, daß v. Möllendorff an diesem 18. April schon eine totale Neuwahl des Senats
einschließlich des Rektors ins Auge faßte. Er hat vielmehr die oben von Sauer erwähnte
Linie eingehalten: ordnungsgemäß ins Amt gewählt, ein durchaus anerkannter
Professor und Vertreter der akademischen Selbstverwaltung, der nicht ohne weiteres
das Handtuch werfen sollte. Indes: der Angriff im als offiziös zu geltenden
„Alemannen" zeigte Wirkung, und der Waffengang war eingeleitet, zumal beide
Seiten mit ungleichen Waffen kämpften und v. Möllendorff im eigenen Lager genügend
Gegner hatte.

Die Entwicklung hat sich in den beiden folgenden Tagen überschlagen und zwar
derart, daß der Rektor für den 20. April eine außerordentliche Sitzung des Senats
einberief, auf der der Senat und der Rektor den Rücktritt beschlossen und auf den
nächsten Tag, den 21. April, eine Plenarversammlung „zwecks Neuwahl von Rektor
und Senat" verfügten.44 Der Gleichschaltung der Universität Freiburg stand
nichts mehr im Wege.

In diesen wenigen Stunden ist also die Meinungsbildung erfolgt, ohne daß eine
längere Zeit der ruhigen Vorbereitung zur Verfügung gestanden hätte, sieht man
von Aktivitäten der Gleichschaltungsfreunde in der Universität ab. v. Möllendorff
kann demnach allenfalls nach dem 18. April die von Martin Heidegger erwähnten
öfteren und eingehenden Gespräche geführt haben. Da wir jedoch den Gesamthintergrund
kennen, kann auch der Stellenwert dieser Gespräche leicht ausgemacht
werden. Auch das darf wohl gefolgert werden, daß v. Möllendorff seinen Entschluß
vom 20. April, das Amt zur Verfügung zu stellen, in einem Syndrom von Entscheidungsgründen
getroffen hat. Altrektor Sauer, dessen Meinung über einen mög-

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