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Anlage 2
Hochwürdiger Herr Stadtrath,
Verehrungswürdigster!
Länger kann ich nicht umhin, Eurer ect. etwas im Vertrauen zu eröffnen, das Sie
ebenfalls subrosa, wie Sie es für gut finden, den Tit. Hr. Hr. Stadtdirektor Schnetz-
ler, Oberbürgermeister Adrians und etwa auch Hr. Präsenz-Rektor Boll, welchen
namentlich ich meinen Respekt vermelde, mitzutheilen die Güte haben wollen. Noch
aus alter Anhängigkeit und Achtung gegen die Stadt Freyburg sowohl als um der
guten Sache willen hatte ich bisher mit den sehr vielen Feinden des Oberlandes und
in specie der Stadt Freyburg manche Kämpfe zu bestehen, die wirklich am heftigsten
sind, da es um die endliche Bestimmung des Bischofsitzes zu thun ist. Es geschah in
meiner Gegenwart schon früher, wo Se. Königl. Hoheit selbst Ihre Zuneigung gegen
Freyburg aussprachen. Ein böser Mensch widersprach aus ganz unrichtigen Gründen
, die ich wiederlegte, mit der ehrerbietigsten Bemerkung daß nicht nur der größte
Vorteil des Staatsaerarii, sondern alles für die Verlegung des Bischofsitzes nach
Freyburg spreche: a) der prächtige, von den Herzogen von Zähringen erbaute Münstertempel
, welcher vom Jahre 1529 bis 1678 schon ehedem die Domkirche des Basler
Hochstifts gewesen ist; b) die an dieser Kirche mit Gütern, Gefällen und Häusern
wohl gestiftete Klerisey; c) die sonst disponibeln herrschaftlichen Gebäude; und d)
die Lage der Stadt Freyburg selbst, welche netto in der Mitte der katholischen Pfarreyen
, für welche das Bistum errichtet wird, gelegen ist, ... Wenn nun das Bisthum
von Konstanz hinweg soll, weil diese Stadt am Ende des Landes liegt, so hat man
Grund, es nach Freyburg und nicht nach Rastadt oder gar Bruchsal zu verlegen, welche
zwei letztere ebenfalls in der Wahl sind; denn so käme der Bischofssitz beynahe
an das andere Ende der katholischen Pfarreyen, weil von Konstanz bis Rastadt 500
und bis Bruchsal 550 Pfarreyen sind. Dessen ungeachtet war man noch vor 14 Tagen
für Bruchsal gestimmt, wovon jedoch, weil es zu toll gewesen, abgegangen wurde.
Jetzt aber sucht ein Canaille seinen längst schon gehabten Plan durchzusetzen, daß
das Bisthum nach Rastadt komme und und das dortige Residenzschloß zur Unterbringung
des Bischofs, des Domkapitels, der Vikarien, des Seminariums, des
Emeriten- und Demeritenhauses etc. hergestellt werde, obschon in Rastadt keine
Kathedral- oder Dom-, sondern eine eigentliche Dorfkirche ist, welche man in den
Chor des Freyburger Münsters hineinstellen könnte ... Hätte die Sache keine
andere Folge, als daß die Stadt Freyburg den Bischofssitz nicht erhält, so könnte
man es geschehen lassen. Allein obiger Canaille, mit mehreren gegen Freyburg aufgebracht
, trägt auch darauf an, nicht nur zur Herstellung des Rastadter Schlosses
den Erlös von Freyburger Gebäuden zu verwenden, sondern sogar entbehrliche Be-
nefizien mit ihren Gefällen etc. von da nach Rastadt zu versetzen, weil außer einem
Pfarrer und zwei Kaplänen allda sonst keine gestiftete Klerisey ist.
Ich glaube zwar nicht, daß der Schurke mit letzterem Projekte reüssiert. Allein,
was geschah nicht schon in der Welt? Wie wäre es nun! — Oft wirkt ein unbedeuten-
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