Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
103.1984
Seite: 19
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der verbunden. In den beiden Seitenflügeln befinden sich mehrere kleinere Zimmer.
Die Lage der damaligen Treppe ist nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Vermutlich
lag sie im Bereich der heute bestehenden Treppe, ist jedoch sicherlich wesentlich
schmaler gewesen.

Deutlich zeigte eine Baunaht über den Entlastungsbögen der Fenster im ersten
Obergeschoß, die sich über den gesamten Bau zieht, daß es sich ursprünglich um
ein zweigeschossiges Gebäude gehandelt hat (Abb. 5). Weiter zeigte der Baubefund
, daß der Risalit später vermauerte seitliche Fenster besessen hat.

Die Anlage dieses Grundrisses entspricht im Typus den Entwürfen des Baumeisters
und Architekturschriftstellers Joseph Furttenbach (1591—1667)13: eine symmetrische
Dreiflügelanlage mit einem zentralen Raum, der von der Symmetrieachse
geschnitten wird. Alle Räume sind durch einen an die Innenseite des Hufeisens angelegten
Korridor zu erreichen. Die Organisation des Mittelflügels des Merzhauser
Gebäudes unterscheidet sich aber von den Furttenbach'schen Entwürfen darin, daß
hier die Raumgrößen vom mittleren Raum symmetrisch zur Perepherie des Flügels
hin im Verhältnis der geometrischen Folge abnehmen14. An den mittleren Raum,
den ,Saal', schlössen sich beidseitig je ein »Zimmer* und weiter ein »Kabinett4 an.
Die Enfilade ermöglichte ein Raumerlebnis beim Durchschreiten der Zimmerflucht.
Die Entwicklung dieses Typus der »Französischen Appartemants' wurde im späten
Mittelalter in Frankreich angelegt und war dort bis in das 17. Jahrhundert geläufig
15, während man in Deutschland allgemein nach älteren Vorbildern baute16.

Das Herrenhaus auf dem Schönberg scheint im 1. Viertel des 17. Jahrhunderts
nach französischen Bauprinzipien erbaut worden zu sein. Die gleiche Gestaltung
des Tores im Risalit des Herrenhauses und der Tore des Wirtschaftshofes, sowie die
aufeinander bezogene Organisation von Herrenhaus und Ökonomiegebäuden weisen
auf eine einheitliche Planung und einen gemeinsamen Bau des gesamten Komplexes
hin.

Daß die Jesuiten das ehemalige Herrenhaus als Landhaus nutzten, ist nichts Ungewöhnliches
. In ihrem gesamten Verbreitungsgebiet besaßen sie Landhäuser. In
Frankreich wurden diese Häuser bezeichnet als: maisons de recreation, maisons de
champs, maisons champetres 17. In Italien wurden sie »villa* genannt, so z.B. die vil-
la von San Martino „... dove si va alla recreatione ..." 18. In Sevilla war ,Buena
vista* die ,casa de recreation* des dortigen Kollegs. In der Oberdeutschen Provinz
des Ordens, wozu Bayern, Tirol, die Schweiz, Vorarlberg und Vorderösterreich —
damit auch Freiburg i. Br. — gehörten, wurden die Landhäuser nach Ciceros Villa
„Tusculum" genannt19. In der Oberdeutschen Ordensprovinz besaßen neben Freiburg
i. Br. die Kollegien Augsburg, Ingolstadt, Landshut, Luzern, Freiburg i. Ü.
und Pruntrut (Porrentruy) Landhäuser. Die entsprechenden Bauwerke in Ingolstadt
, Freiburg i. Ü und Luzern waren, wie in Freiburg i. Br. bzw. Merzhausen, mit
landwirtschaftlichen Ökonomiebetrieben verbunden, um hiermit die wirtschaftliche
Lage der jeweiligen Ordensniederlassungen zu stabilisieren20.

Der Vergleich der zu den verschiedenen Niederlassungen gehörenden Landhäuser
zeigt in der Lösung der Bauaufgabe keine Parallelen, so daß man nicht von einer
,Jesuiten-Landhaus-Architektur* sprechen kann21. Meist wurden, wie in Merzhausen
, vorhandene Bauten weiterbenutzt oder umgebaut.

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