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auch nur den geringsten Versuch der kritischen Überprüfung dieser baugeschichtlichen
Annahmen mit historischen Methoden zu unternehmen.
Indem er zu den planmäßigen Städtegründungen der Zähringer noch die Einrichtung
von Straßen und Wegen zwischen diesen sowie die systematische Erschließung
von Neuland durch Rodung der Wälder hinzufügte, wollte Mayer einen werdenden
„Flächenstaat" der Herzöge vor allem in Bereiche des Schwarzwaldes nachweisen.9
Diese Theorien haben nicht nur die spätere südwestdeutsche Landesgeschichtsforschung
, sondern ebenso die gesamte sich mit diesem Zeitraum beschäftigende deutsche
Verfassungsgeschichte der folgenden Jahrzehnte maßgeblich bestimmt.10 Mayer
hat, wie es Karl Siegfried Bader kürzlich formuliert hat: „ein kühnes Bild von den
Siedlungsvorgängen und verfassungsrechtlichen Zuständen entworfen — kühn
schon in Hinblick auf die eher dürftige Quellenlage vor 1218, kühn auch in der lebhaften
Kombination. ... Was hier geboten wurde, war himmelweit entfernt von
der positivistisch-nüchternen Datenaufzählung eines Eduard Heyck, in dessen Zähringergeschichte
konventionell Gewinn und Verlust im Besitzstand einer hochadligen
Familie gegeneinander abgewogen wurden, weit entfernt von vielen Einzelforschungen
, die im Halb jähr hundert zwischen Heyck und Mayer erbracht worden
waren."11 Bader gelangt daher zu der Forderung: „Nach ungefähr einem halben
Jahrhundert ist man berechtigt und wohl sogar verpflichtet zu prüfen, was am
Staat der Herzöge von Zähringen Bestand hat."12
Ihm wird jeder zustimmen, der am Fortgang der Geschichtswissenschaft und
nicht an der dauernden kritiklosen Wiederholung eines vor über 50 Jahren erreichten
Forschungsstandes interessiert ist. Dann wird sich nämlich zeigen, ob das von
Mayer vornehmlich intuitiv errichtete Gedankengebäude trotz einer Reihe von Abstrichen
bestehen bleiben kann, oder ob es bei dem dringend notwendigen Herausbrechen
einzelner zu Unrecht benutzter Steine nicht doch ins Wanken gerät. Zu
fordern ist vor allem eine erneute Kritik der Quellen mit Hilfe der verfeinerten Methoden
der heutigen Hilfswissenschaften, wie sie bereits von Schöpflin und Heyck
mit den Mitteln ihrer Zeit begonnen worden ist. Erst nach einer erneuten Prüfung
der Quellen auf ihre Tragfähigkeit und nach einer Scheidung von gesicherten und
erschlossenen Forschungsergebnissen wird man zu einem genaueren Urteil gelangen
können.
II.
Zu einem realistischeren Bild wird man unseres Erachtens auch nicht durch einen
abermaligen umfassenden Überblick über die gesamte Zähringerzeit kommen. Vielmehr
dürfte nur die Untersuchung bestimmter Einzelprobleme zunächst weiterführen
. In diesem Sinne habe ich vor über 20 Jahren versucht, mit einer Studie über
die „Zähringerstädte" diese einer freilich mehr formalen Überprüfung zu unterziehen
. Denn nach Hamm und Mayer schien mir hier ein zentrales Problem der
Zähringerforschung zu liegen.13 Dabei mußte es um die Grundfrage gehen, ob die
Zähringer bereits zu Beginn des 12. Jahrhunderts ein auf die Dauer feststehendes
Planschema für die von ihnen vorgenommenen Stadtgründungen entwickelt hätten,
das sie dann neben anderen Maßnahmen zur Errichtung ihres „Staates" gezielt ver-
11
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