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Hofer, beide von Haus aus Architekten, lehnten bezeichnenderweise schroff ab. Zu
dieser Zeit war natürlich auch Widerspruch von Theodor Mayer, Heinrich Büttner
und Werner Noack zu erwarten. Ohne meine oben gekennzeichneten Ansichten
aufzugeben, habe ich mich beim Druck umsomehr zurückgehalten, als vor allem
Datierungsprobleme mit Hilfe des mir damals zur Verfügung stehenden Quellenmaterials
nur äußerst schwierig zu lösen waren. Dies muß besonders für die eine eigene
Gruppe bildenden drei Städte Villingen, Rottweil und Kenzingen gelten. Immerhin
gibt es für Kenzingen die Urkunde der Üsenberger von 1249, durch die
nicht nur das Gründungsdatum sondern auch die Nichtmitwirkung der Zähringer
bewiesen ist.79 Das viel umstrittene Rottweil schien mir schon damals eher eine
staufische Anlage, die ungefähr in das beginnende 13. Jahrhundert zu setzen sei.
Bei den zahlreichen, sich teilweise widersprechenden Hypothesen über Villingen
glaubte ich vor über 20 Jahren nur, es in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts setzen
zu können.80
Allerdings sah ich schon damals, daß die beiden zuletzt genannten Städte nicht
auf einmal entstanden waren, sondern daß sie mehr oder weniger große Mehrphasigkeit
aufwiesen. Dies war im Falle Villingen durch die unberechtigten dogmatischen
Rekonstruktionen Werner Noacks nur verdeckt worden.81 Denn im Bereich
um die Hauptachsenkreuzung, in Villingen als Markt bezeichnet, fehlen noch die
als sogenannte Wirtschaftsstraßen angesprochenen hinteren Zufahrtsstraßen zu den
ihre Front vermutlich den Hauptstraßen zuwendenden Wohnhäusern der Hofstätten
. Im westlichen und ganz deutlich im südlichen Teil der Stadt sind diese dagegen
vorhanden. Außerdem unterscheiden sich die verschiedenen Bereiche dadurch, daß
sie ursprünglich zwei offenbar zunächst nicht miteinander zusammenhängende
„Bächle"-System aufwiesen.82 (Abb. 6) Diese Beobachtungen vereinfachten freilich
eindeutige zeitliche Festlegungen keinesfalls. Erst als ich mich 1977 erneut mit diesen
Problemen zu beschäftigen begann, schien es mir möglich, die Entstehung der
jüngeren Stadtanlage von Villingen näher an das ausgehende 12. Jahrhundert heranzurücken
.83
Dies war nicht unwesentlich dadurch beeinflußt, weil inzwischen Meckseper für
Rottweil — aber auch für Villingen, was oft übersehen wird, — neue Zeitansätze
getroffen hatte.84 Im Falle des für ihn im Mittelpunkt seiner Überlegungen stehenden
Rottweil war Meckseper aufgrund einer Vielzahl von hier nicht nachzuvollziehenden
bautechnischen Feststellungen zu der Ansicht gelangt, daß diese Stadt erst
nach 1200 entstanden sein könne.85 Obwohl auf eingehenden Detailstudien beruhend
, wird man als Historiker Mecksepers Annahmen nicht in jeder Hinsicht folgen
können.86 Sein endgültiges Ergebnis wird man aber wohl akzeptieren müssen,
zumal es sich im allgemeinen mit unseren Überlegungen deckt. So kann also festgestellt
werden, daß eine Annahme der Gründung Villingens für die Zeit um 1200
sich mit dem heutigen Forschungsstand in Übereinstimmung befindet.87
VIII.
Es ist nun allerdings noch darauf einzugehen, daß durch die 1978/79 im Villinger
Münster durchgeführten Grabungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württem-
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