http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1985/0274
als Erhaltung des äußeren Erscheinungsbildes) definiert wird, was in dem Wunsch
nach möglichst langer Beibehaltung des Status quo zum Ausdruck kommt.
Drei Jahre später haben sich die Akzente etwas verschoben. Am 29. November
1908 wird dem Bürgerausschuß ein komplett durchgeplantes Umbau- und Nutzungskonzept
vorgelegt, das den Bau für die Städtische Sparkasse nutzbar machen
soll, die in beengten Verhältnissen in der Schuster Straße untergebracht ist. Zunächst
, so heißt es, habe man nach anderen Unterbringungsmöglichkeiten gesucht,
weil man keine Chance sah, alle Funktionen der Sparkasse im Haus „Zum Walfisch
" unterzubringen.
Nun wurde aber bei der Sparkassenkommission sowohl durch das Hochbauamt
als auch durch den zu Rate gezogenen Herrn Baudirektor Meckel darauf hingewiesen
, daß durch Errichtung einiger Hauptbetriebsräume auf der Seite des Kartoffel-
marktes und bei Beseitigung und entsprechender Umbauung der erst später entstandenen
Anbauten links und rechts von der Einfahrt die Möglichkeit gegeben sei,
einerseits das altberühmte Haus in seiner Eigenart zu erhalten und trotzdem andererseits
Betriebsräume zu gewinnen, welche allen Anforderungen zu entsprechen geeignet
sind, Herr Baudirektor Meckel schien uns für diesen speziellen Fall, in welchem
die schwierige Aufgabe zu lösen ist, die pietätvolle Schonung althistorischer
Kunstbauten mit der Gewinnung moderner Betriebsräume zu verbinden, umso mehr
der zur Planaufstellung und Begutachtung berufene Baumeister zu sein, als es sich
im vorliegenden Fall um ein gotisches Patrizierhaus handelt — also ein Objekt,
dessen Herstellung der künstlerischen Eigenart des Herrn Meckel ganz besonders zu
entsprechen scheint. Nach dem von Herrn Meckel vorgelegten Plan wurde von keiner
Seite mehr bezweifelt, daß das mehrerwähnte Ziel in fast vollkommener
Weise dadurch erreicht werden kann, daß die Sparkasse, und zwar wohl auf lange
Zeit, im untersten Stockwerk des Hauses untergebracht, das ganze Haus aber, soweit
als nötig, in stilgerechter Weise wiederhergestellt wird ...
Wird der von uns vertretene Vorschlag angenommen, so erreicht die Stadt also
durch einen Akt einen doppelten Zweck: das Falkensteinsche Haus, dieses
schönste und historisch wichtigste Bürgerhaus der Stadt, ... wird für alle Zeiten in
seiner ursprünglichen Gestalt und unter Beseitigung mancher Zutaten einer späteren
Periode erhalten und wieder hergestellt, gleichzeitig wird aber auch für ein so
modernes Institut wie die Sparkasse ein eigenes Verwaltungsgebäude geschaffen,
wie es im Hinblick auf seine Lage und seine Zugänglichkeit von zwei verschiedenen
Straßen aus nicht zweckmäßiger und schöner gedacht werden kann,16
Es wird also projektiert, das spätmittelalterliche Haus in einen Neubaukomplex
einzubeziehen. Der Neubauteil soll sich formal anpassen und Räume aufnehmen,
die aufgrund ihrer Größe und technischen Anforderungen die Möglichkeiten des
Altbaus überschreiten. Zündstoff enthält der Hinweis auf die Wiederherstellung
der „ursprünglichen Gestalt ... unter Beseitigung mancher Zutaten einer späteren
Periode"; er signalisiert den Schritt von der Erhaltung der bestehenden Substanz
zur Schaffung eines „besseren", originaleren Zustandes. Ansätze hierzu werden
auch in den der Vorlage beigegebenen Plänen deutlich.
Mit dieser Vorlage beschäftigt sich der Bürgerausschuß in seiner Sitzung am
15. Januar 1909, wobei es offenbar zu hitzigen Diskussionen kam. Die Vertreter
272
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1985/0274