http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1986/0031
Frühphase durch eine Steinbefestigung mit Toren und Türmen abgelöst hatte und
in dieser Epoche ihr stadttypisches äußeres Merkmal ausbildete, das bis zum beginnenden
16. Jahrhundert Gültigkeit behielt.104 Die Quintessenz der sich wandelnden
Befestigungstypen einer deutschen Stadt des 13. bis 18. Jahrhunderts hat der Bauforscher
Karl Gruber (1885 —1966) formuliert und in seinen vielzitierten axonome-
trischen Zeichnungen rekonstruiert.105 Demnach zeigte die Stadtbefestigung um
1200 eine einfache Ummauerung mit Türmen nur dort, wo Tore durch die Stadtmauern
führten (Gruber Abb. 144). Ein anschauliches Beispiel liefert uns hierfür
die erste Steinmauer Freiburgs aus dieser Zeit (z. T. erhalten beim Augustinerplatz,
außerdem das Martinstor und Schwabentor selbst).106
Die zweite Phase der Ummauerung, die sich allgemein im 14. Jahrhundert durchsetzte
, entwickelte „das Prinzip der Flankierung, der seitlichen Bestreichung der
Stadtmauer von vorspringenden Türmen aus"107 (Gruber Abb. 146), d. h. hohe
Ecktürme (Volltürme) und kleinere Flankierungstürme (Schalentürme) auf Armbrustschußweite
. Auch diese Form ist für Freiburg bezeugt. Die rasche Bevölkerungszunahme
dieser Stadt machte bereits im 13. Jahrhundert eine planmäßige Anlage
von Vorstädten notwendig (Neuburg, Schnecken-, Prediger- und Lehenervorstadt
), die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts nach dem „Prinzip der Flankierung
" ummauert worden waren und in dieser Form das Stadtbild Freiburgs bis
in die erste Hälfte des 17. Jahrhunderts bestimmten.108 Eine wichtige Quelle, die
dieses Bild überliefert, ist der Stadtplan Freiburgs aus der Vogelperspektive von
NW, den Gregor Sickinger 1589 gestochen hatte109 und der die Grundlage für den
„gereinigten" Merian'schen Plan von ca. 1640 bildete.110 Ergänzt wird unsere Vorstellung
von der Gestalt Freiburgs gegen Ende des 16. Jahrhunderts durch den
ersten Gemarkungsplan von Job Korntaver von 1607/08.111 Deutlich ist auf diesen
drei Plänen die Unterscheidung zwischen hohen Eck- und Tortürmen und den kleineren
Flankierungstürmen zu erkennen. Besonders auffällig ist dabei die detaillierte
Wiedergabe der Flankierungstürme als zur Stadt hin offene Schalentürme, so wie
auch das größere „Rondell" in Emmendingen vorzustellen ist (Abb. 10). Die wehrtechnische
Funktion des Schalenturms liegt darin, zu verhindern, „daß der Feind
nach der Eroberung eines Turmes diesen seinerseits zum Angriff gegen die Stadt
benutzen konnte".112
Unklar bleibt bei diesen Vergleichen der obere Abschluß der Emmendinger
Stadtmauer (s. o. S. 21 f.). Einen gedeckten Wehrgang, wie ihn Gruber für die Ummauerung
der Idealstadt um 1350 fordert, können wir für Emmendingen ausschließen
, dafür sind die erhaltenen Mauerreste sicher zu schmal. Eine einfache
Zinnenbekrönung, wie für Freiburg nachweisbar, ist wahrscheinlicher, eventuell
mit einem hölzernen Laufgang. Die dritte Phase der Gruber'schen Entwicklungsreihe
führt in der Mitte des 16. Jahrhunderts zur „rondellierten Befestigung" (Gruber
Abb. 148), die auf die Theorien Albrecht Dürers zurückging114 und den Weg
bereitete für die Perfektion der späteren „bastionierten Form". Dürers frühneuzeitliche
Festung — von einer Stadtmauer kann eigentlich schon nicht mehr die
Rede sein — ummantelte die verhältnismäßig dünne mittelalterliche Ringmauer mit
einer dicken Wallummauerung zwischen Batterietürmen und riesigen Basteien und
Rondellen als Geschützplattformen.114A
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