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den, daß die Gründung von Städten zu jener Zeit „modern" war.94 Als mächtige
Herren im Breisgau konnten und wollten sich die Üsenberger, die auch die Städte
Endingen, Sulzburg und Burkheim errichteten, von dieser Entwicklung nicht ausschließen
.
III.
Dorf und Stadt nach 1249
Die Anlegung der Stadt markierte eine deutliche Zäsur in der Geschichte Kenzin-
gens. Sie kann einerseits als Stadtgründung betrachtet werden, da eine neue Siedlung
auf damals unbebautem Gelände angelegt wurde, andererseits aber als Siedlungsverlegung
, da Namen und wesentliche Funktionen des Dorfes auf die Stadt
übergingen.95 Wie sich das Verhältnis zwischen Dorf und Stadt nach 1249 entwickeln
würde, hing im wesentlichen von der Entwicklung der Stadt ab.
Die Gründung der Stadt Kenzingen im Jahre 1249 scheint gut vorbereitet gewesen
zu sein. Schon vier Jahre nach Baubeginn tritt uns in der Urkunde vom 29. August
1253 eine städtische Gemeinde entgegen:96 Der Üsenberger nennt
consules in civitate nostra Kencingen und Bürger (burgenses) in der Stadt. Es hatte
sich bereits ein städtisches Ratskollegium herausgebildet, das die neue Stadt gegenüber
dem Stadtherrn vertrat. Die Stadt siegelte damals schon mit eigenem Siegel
(burgensium sigillo de Kencingen). Obwohl der Aufbau der Befestigung
sicherlich bereits im Jahre 1249 begonnen wurde, ist ein geschlossener Mauerring
erst Jahrzehnte später nachzuweisen. 1328 wurde ein Garten vor dem nidern tor
und ein Haus nebent dem obern tor91 genannt. Beide Tore unterbrachen die
Ringmuren98 und ermöglichten im Norden und Süden den Zugang zur Stadt.
Gradmesser für die Entwicklung Kenzingens kann die Höhe der an den Stadtherrn
zu zahlenden Steuer sein. Eine Urkunde aus dem Jahre 1341 gibt Einblick
in deren Wandel seit der Stadtgründung.99 Demnach betrug sie im Jahre 1277 jährlich
20 Mark Silber. Nach jeweils zehn Jahren wurde zwischen dem Stadtherrn und
vier Ratsmitgliedern über die Steuerhöhe beraten. Wenn sich die Stadt positiv entwickelte
, sollte auch die Steuer erneuert werden. Dieser Absprache zufolge betrug
sie im Jahre 1293 bereits 30 Mark Silber.100 Bis zum Jahr 1341 erhöhte sie sich auf
40 Mark Silber und wurde in jenem Jahr auf 50 Mark Silber festgelegt. Als Gegenleistung
sollte sie in Zukunft nicht weiter angehoben werden.101 Eine gewisse Prosperität
kann für Kenzingen in den ersten Jahrzehnten festgestellt werden.
Auch der Nachweis von Schneidern, Bäckern, Metzgern, Fischern, Schustern, Krämern
, einer Mühle, Wirtshäusern und Zünften in der Stadt belegen eindeutig, daß
Kenzingen seine Funktion als lokaler Wochenmarkt innerhalb des nördlichen Breisgaus
erfüllen konnte, auch wenn alle Bürger der Stadt über landwirtschaftlichen
Besitz verfügten.102
Neben der Stadt blieb das alte Dorf als Siedlung zunächst weiter bestehen. 1253
schenkte Rudolf von Osenberg dem Kloster Wonnental 80 Mark Silber von seinen
Einkünften in civitate et in villa Chencingen.m Das Dorf, das der Stadt den Namen
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