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sei ihr durch die neuen Statuten entfremdet worden, zu beheben. Wohl aus diesem
Grunde wird er auch die Verankerung des Bürgermilitärs in der Bürgerschaft besonders
betont haben, als er am 7. Juli 1834 in einem Tagesbefehl der ruhmreichen
Geschichte des Corps gedachte. Da heißt es ziemlich schwülstig und für unsere
Ohren kaum erträglich:5
Heute vor 38 Jahren standen unsere Vorfahren und selbst noch einige unserer
lebenden Mitbürger auf den Höhen von Wagenstadt und Tutschfelden, mit dem
Corps der Condeer und anderen Truppen des breisgauischen Landsturms combi-
niert, die Avantgarde der österreichischen Armee bildend, gegenüber der französischen
Division Ferino, die als Vor trab der Moreauschen Armee gegen unsere
Hauptstadt vorzudringen suchte. An diesem für uns und unsere Nachkommen ewig
denkwürdigen Tage begründete das Freiburger Bürger-Militär-Corps aufs neue den
Ruhm angestammter Tapferkeit und mehrere unserer Mitbürger hatten das Glück,
mit ihrem Blute die anerkannte Vaterlandsliebe der Freiburger zu beurkunden.
Ich möchte hier nicht erneut die doch hinlänglich bekannte kriegerische Frühzeit
des Bürgermilitärs, die ihren Höhepunkt im siegreichen Gefecht von Wagenstadt
und Tutschfelden 1796 gehabt hatte, aufzurollen,6 sondern einen Einblick in die
normalen Aktivitäten des Corps während der 30er und 40er Jahre des 19. Jahrhunderts
geben. Zwanzig dickleibige und bislang kaum ausgewertete Aktenkonvolute
im Stadtarchiv liefern für eine solche Betrachtung Material im Übermaß.7
Bald nach seiner militärischen Ruhmestat zu Ende des 18. Jahrhunderts war das
Bürgermilitär zu einer Truppe von Parade-, Spaliersteh- und Prozessionssoldaten
geworden. Zwar übernahm es noch gewisse Wachpflichten, vor allem aber wurde es
zur Dekoration festlicher Anlässe herangezogen, bereicherte sie mit Musik und
Kanonensalut. Solche Festtage waren alljährlich Fronleichnamstag, Alexander-
Lambertusfest und der Geburtstag des Landesherrn. Weitere Gelegenheiten zum
großen Auftritt boten Besuche der großherzoglichen Familie in Freiburg, die Inthronisierung
von Erzbischöfen, Leichenkondukte verstorbener Corpsmitglieder
oder z. B. 1845 die Einweihung der eben bis Freiburg gediehenen Eisenbahn von
Mannheim und Karlsruhe her.8 Geleit und Spalier stellte das Bürgermilitär auch,
als 1829 die Gebeine Graf Egons I. von Urach-Freiburg, Markgraf Ottos von
Baden-Hachberg und der Markgräfin Agnes aus dem Kloster Tennenbach in das
Freiburger Münster übergeführt wurden.9
An solchen Festtagen hatte vor allem die Artillerie alle Hände voll zu tun, denn
mit Pulver wurde nicht gespart. Selbst beim Kirchenfest Fronleichnam war es
selbstverständlich, daß fleißig gebollert wurde. Bereits morgens um 4 Uhr jagten
die rechtzeitig auf dem Schloßberg in Stellung gebrachten Kanonen des Bürgermilitärs
zwölf Salven über die Stadt. Während des Gottesdienstes wurden bei jedem
Evangelium sechs Schüsse abgefeuert, und im Verlaufe des Hochamtes waren weitere
18 Schüsse fällig.10 Noch aufwendiger war das Salutprogramm der Artillerie an
Großherzogs Geburtstag. Mit 101 Salven wurden die Bürger am frühen Morgen geweckt
. Jeweils 25 Schüsse folgten beim TE DEUM des feierlichen Gottesdienstes im
Münster und beim Toast auf den Landesherrn während des Mittagsdiners.11
Kein Wunder also, daß der Posten „Ausgaben für Artilleriemunition" im Budget
des Bürgermilitärs stets ein dicker Brocken war. Rund 150 Gulden kostete die Mit-
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