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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 70
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Trotz unterschiedlicher Dauer, Intensität und Organisation weisen die städtischen
Konflikte des 15. Jahrhunderts in ihrem Ursprung und Ablauf immerhin typische
Merkmale auf. Gegenstand der Mißhelligkeiten bilden überwiegend die angeschlagenen
städtischen Finanzen. Hohe städtische Verschuldung und eine schröpfende
Steuerpolitik stürzten viele Ratsherrschaften in eine schwere Vertrauenskrise, die
durch undurchsichtige Amtsführung — oder offenbare Inkompetenz — und mangelnde
Verantwortlichkeit noch verschärft wird. Die Gemeinde verlangt Offenlegung
der Buchführung, Strafverfolgung von Amtsdelikten, Mitspracherecht bei der
Finanzverwaltung bzw. Kontrolle über den städtischen Haushalt, gelegentlich sogar
volle Machtübernahme und Absetzung des alten Rats.4 Zur Durchsetzung ihrer Forderungen
schließt sich die Gemeinde — in bewußter Anlehnung an die Rechtsformeln
mancher städtischer Gründungsurkunden — zu einer Schwurvereinigung zusammen,
die zu Verhandlungen mit dem Rat einen Ausschuß ohne Vollmachten delegiert.
Scheiteren diese Versuche, so kommt es zu einer dritten Phase von bewaffneten Aufläufen
und Umzügen, die oft rituellen Charakter besitzen. Deren Erfolg wird durch
die Gefangennahme oder Vertreibung der amtierenden Bürgermeister gekennzeichnet
.5 Dagegen vereitelt zwar eine Niederwerfung des Aufstandes die Machtergreifung
durch die Gemeinde, hat aber die Aufhebung des Bürgerausschusses, der als
Kontrollorgan und politisches Ventil in einigen Fällen fortwirkt, nicht zwangsläufig
zur Folge.

Die Ereignisse des Jahres 1492 in Freiburg, die etwas irreführend als 'Walzenmül-
ler-Aufstand' bekannt geworden sind, haben über die ortsgeschichtliche Literatur hinaus
bislang keine eingehende Beachtung gefunden.6 Doch verdienen die Vorgänge,
die sich um den Metzgerzunftmeister Konrad Walzenmüller7 abspielten, größere
Aufmerksamkeit, da sie die Widersprüche und Spannungen einer Ratspolitik vor
Augen führen, die den seit mehr als hundert Jahren auszehrenden Niedergang von
Wirtschaft und Bevölkerung nach Kräften zu sanieren bemüht war. Somit läßt sich
die weitgehend anhand oberdeutscher Reichs- bzw. norddeutscher Städte ausgearbeitete
Typologie innerstädtischer Konflikte im Spätmittelalter an einer südwestdeutschen
zunftregierten Territorial Stadt überprüfen.

I

Der Freiburger Herrschaftswechsel 1368, der die Stadt unter die Territorialhoheit der
Habsburger stellte, war mit empfindlichen Kriegskosten und enormen Abfindungen
an die Grafen von Freiburg verbunden, die die österreichischen Darlehen und
Schuldverschreibungen nur zum Teil und dann erst mit Verzögerung wettmachten.
Die Stadt sah sich gezwungen, weitere Darlehen von auswärtigen Gläubigern — vornehmlich
vom benachbarten Basel — aufzunehmen. Daraus erwuchs bald ein Schuldenberg
von etwa 120000 fl, dessen Tilgung und Verzinsung in den folgenden Jahrzehnten
bis zu 90 % des städtischen Haushalts beanspruchten.8 Eine Reduzierung
der Verschuldung war ohne eine wirtschaftliche Konjunktur kaum in Aussicht zu stellen
; indes erlebte Freiburg durch Rückgang des Silberbergbaus, Auswanderung der
Kaufleute und das Aufkommen von ländlicher Konkurrenz im 15. Jahrhundert eine
Baisse, die die Stadt an den Rand des Bankrotts führte. Damit sank Freiburg allmäh-

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