Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
106.1987
Seite: 72
(PDF, 45 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0074
ischen Stände ab 1492 erhebliche Schulden bei König Maximilian guthatten, dessen
notorische Zahlungssäumnis ebenfalls zu größeren Zinsaußenständen an seine Gläubiger
führte,23 die insgesamt auch zu den Aktiva gerechnet werden müssen. Dieser
Sachverhalt ist für eine Beurteilung der Ereignisse von 1492 in mehrfacher Hinsicht
aufschlußreich. Er zeigt einmal, daß die städtische Neuverschuldung nicht unbedingt
aus finanzieller Mißwirtschaft entstanden ist. Die erzwungenen Darlehen an Maximilian
haben bei Freiburg und den Ständen ferner einen nicht voraussehbaren Kapitalbedarf
verursacht, den sie wohl zum Teil über Kreditaufnahmen haben finanzieren müssen
. Ob nun die 1488 auftretenden Außenstände daher mit der Abwehr der von
Erzherzog Sigismund im Jahr zuvor beabsichtigten Verpfandung der Vorlande an
Bayern zusammenhängen, wie man zunächst vermuten möchte, läßt sich nicht näher
belegen.24 Aus der Rechnung von 1503 ist ferner zu entnehmen, daß Freiburg eine
Schulderhöhung bewußt in Kauf genommen hat, um den Erwerb von Ländereien zu
finanzieren. Denn 1502 hat die Stadt den Zoll zu Zarten und die Gerichtsbarkeit über
die drei Erlenhöfe zu Birken von Graf Wolf von Fürstenberg um 450 Goldgulden
(489 fl laufender Währung) erstanden.25 Diese Summe wurde dann im 1503er
Haushalt verrechnet, deren Auszahlung jedoch als Tilgung von aufgenommenem
Hauptgut bezeichnet.26 Anfang der 1490er Jahre hat die Stadt ihre Gebietserwerbungen
im Dreisamtal durch den Kauf von Kirchzarten zu einem geschlossenen Territorium
, der später so genannten Talvogtei, abzurunden getrachtet. Dabei war sie offenbar
in Zahlungsschwierigkeiten geraten, denn 1492 mußte sie den Teilinhaber von
Kirchzarten Konrad von Halfingen um eine Stundung der vom Kaufpreis noch aus-
stehenden 1 650 fl bitten.27 Uberhaupt war Freiburg — unter anderen spätmittelalterlichen
Städten übrigens kein Einzelfall — bereit, größere Summen für Gebietserwerbungen
aufzubringen, die seine längerfristige wirtschaftliche und Verkehrs strategische
Stellung gegenüber dem Hinterland festigen sollten.28

Dadurch wird nunmehr die Frage aufgeworfen, ob die diesbezüglichen Zins- und
Tilgungsausgaben in den städtischen Verwaltungs- oder Vermögenshaushalt gehören.
Wie Norbert Ohler kürzlich dargelegt hat, waren im 16. Jahrhundert Kapitalschulden
und deren Tilgung im Verwaltungsetat unterzubringen, da die Verschuldung im
Rahmen einer wachsenden öffentlichen Anleihepolitik als normales Finanzierungsmittel
anzusehen ist. Diese Betrachtungsweise ist aber erst dann gerechtfertigt, wenn
die Schuldverzinsung auf ein erträgliches Maß zurückgefallen ist.29 Für das
15. Jahrhundert scheint dies im Falle Freiburgs eher fraglich, da bei einem Anteil am
jährlichen Budget von etwa 75 % die Verschuldung nicht als Mittel sondern gleichsam
als 'Zweck' der Haushaltspolitik betrachtet werden muß. Die aus dem Erwerb
von Ländereien entstandenen Schulden wären somit als negatives Vermögen zu verstehen
, deren Tilgung zum langfristigen Wachstum des städtischen Gesamtvermögens
beiträgt.30 Aus dieser Perspektive gewinnen sowohl die hohe Verschuldung als auch
die vorgetragenen Außenstände für die Stadt eine ganz andere Qualität. Freiburgs
wirtschaftlicher und demographischer Niedergang hatte seinen Höhepunkt schon in
der Mitte des 15. Jahrhunderts erreicht; nach langer Gesundschrumpfung setzte eine
Epoche der allmählichen Genesung ein.31 Die Möglichkeit zur behutsamen Sanierung
von Wirtschaft und Finanzen war dadurch gegeben, wenn auch die eingeleiteten
Abhilfemaßnahmen von Rückschlägen und Widersprüchen begleitet wurden. Daher

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