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Ausdehnung der Leibeigenschaft. Die Bauern brachten ihren Fall vor den Kaiser in
Wien, bekamen aber dort kein Recht. Sie wurden vielmehr abgewiesen, verurteilt und
bestraft.153 Im späten 17. Jahrhundert erschien ein neues soziales Element in St. Peter,
die sogenannten „Häuslebauern." Sie erhielten von der Abtei Grundstücke (genannt
Dominikalgüter) gegen unbeständigen und widerruflichen Zins. Aber auch das Erbrecht
bürgerte sich allmählich auch für sie ein, so daß bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
diese Besitzungen de facto Erblehen geworden waren.154 Hinter den Spannungen
mit dem Kloster standen oft die Häuslebauern. Im Jahr 1723 gäbe es eine
Bürgerversammlung, die sowohl gegen das Salzmonopol des Klosters klagte, als auch
gegen die strenge Kontrolle der Wasser-, Fisch- und Jagdrechte und auch gegen Kreditgewohnheiten
. Militärfronen und Schanzarbeiten führten ebenfalls zu Unruhen.155 Im
Jahr 1733 weigerten sich einige Untertanen, ihre Schulden zu zahlen. Der Abt ließ sie
ins Gefängnis werfen, aber sie wurden mit Gewalt befreit. Daraus entstand ein Rechtshandel
, der 1739 mit einem Vergleich endete (ein Hinweis auf die Beschränkung der
Macht des Abts).156 Danach bestand Ruhe zwischen dem Kloster und den Untertanen
, aber nur bis 1758, als weitere Fronverweigerungen stattfanden.157 Der letzte
Abt von St. Peter, Ignaz Speckle (1795-1806), kämpfte andauernd mit den Untertanen,
besonders den Häuslebauern, und das immer unter dem Gesichtspunkt, daß ihre Forderungen
einfach falsch seien und daß sie dem Kloster Unrecht tun wollten.158 Ein
Prozeß mit den Häuslebauern begann schon 1790 unter Abt Phillip Jakob Steyer.
Dabei ging es vor allem um die Schätzung des Bodenzinses und die Markierung
der Grenzen. Die Abte wollten nicht, daß die Grundstücke als Eigentum angesehen
würden, weshalb sie keine Grenzsteine erstellen ließen. Aber im Laufe des Jahrhunderts
wurden Zahl und Umfang dieser Besitze auf Kosten der Klosterfelder und -Waldungen
immer größer. Eine Kommission dekretierte 1795 die Schätzung der Dominikalgüter
, aber damit hörten die Klagen nicht auf. Am 16. und 17. Juni 1796 sammelten
sich 119 Häuslebauern aus allen Ecken der Herrschaft (ein hoher Anteil der Familienoberhäupter
St. Peters), um gegen die Schätzungen des Bodenzinses zu klagen. Ihre
Klagen erreichten Wien und diesmal mit Erfolg: Eine Hofresolution verbot dem
Kloster, die Güter ohne eine vom Hof gemachte Anzeige einzuziehen. Diese Güter
gingen seit langem vom Vater auf den Sohn über, und wegen dieser Resolution konnte
das Kloster nichts mehr dagegen tun. Als Speckle am 10. September 1797 von der
Hofresolution erfuhr, schrieb er resigniert, es ist also nicht anders übrig, als die
Güter auszulachern. Bezüglich des Bodenzinses versprach er den Häuslebauern, ihn
weder herabzusetzen noch zu erhöhen. Die „Häuslebauernaffare" ging aber noch
weiter. Am 3. Oktober 1799 klagten diese nochmals den Abt an. Sie wollten noch eine
Zusicherung, daß der Bestandzins nicht erhöht werden würde. Speckle erteilte keine
Zusicherung und wollte die Rädelsführer strafen. Der Fall ging wieder nach Wien
und am 27. Juni 1800 kam die Antwort in St. Peter an. Der Hof dekretierte, daß die
Bestandnehmer der dortigen Dominikalgüter von ihrer Klage abstehen sollten. Sie
sollten jedoch nicht bestraft, sondern nur scharf verwiesen werden. (Speckle stellte
fest, daß es keinen Respekt mehr gegenüber den Klöstern gäbe.) Der Kampf des Abtes
mit den Häuslebauern hörte erst mit der Säkularisierung auf. Am 1. Mai 1805
schrieb Speckle, daß er immer aufpassen müsse, weil die Bauern immer noch versuchten
, die Zahl der Lehen zu vermehren. Am 24. Mai versuchte er, die Holzgeld-
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