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Präsident fungierte.27 Einmal wurde von Nesselrode und Reichenstein vom Großmeister
in das Präsidentenamt dieser Ratsversammlung eingesetzt.
Wahrscheinlich war er derjenige, der zum ersten Mal die genannte Führungsgruppe
leitete.
In der Zwischenzeit wurden in Deutschland seine Leistungen für das Großpriorat
umfassend gewürdigt, denn der Kaiser ernannte ihn 1733 zum Mitglied des
Reichstages.28
Die besondere Note des Grafen von Nesselrode und Reichenstein kommt in den folgenden
Jahren auch darin zum Ausdruck, daß er bei Feierlichkeiten und Investituren
der Großmeister stets in deren unmittelbarer Nähe agierte.
Philipp Wilhelm von Nesselrode und Reichenstein verbrachte etwa acht Jahre -
von 1705 an — seines aktiven Ordensdienstes in seinem deutschen Heimatland. Die
übrige Zeit residierte er nahezu ununterbrochen auf Malta, was allerdings häufige Besuche
auf dem europäischen Festland nicht ausschloß. Besonders oft fuhr er nach
Rom; offenbar reiste er in Sondermissionen, die ihm vom Konvent anvertraut worden
waren. So ist z. B. seine Abreise von Malta nach Rom am 7. Juni 1731 aktenmäßig
belegt.29
Während Emanuel Pinto Großmeister war, wurde der Ordensbruder Graf von Nesselrode
und Reichenstein Zeuge zweier außergewöhnlicher Ereignisse auf Malta.
Eine größere Anzahl Christen — in der Mehrheit Einwohner Maltas — wurde bei
Magra, etwa 60 Meilen von Rhodos, auf die Galeere „Lupa" als Sklaven gebracht.
Aber den genannten Sklaven gelang es, gegen die Sieger zu meutern und die „Lupa"
unter ihren Befehl zu bringen. Sie fuhren zurück nach Malta, wo sie am 2. Februar
1748 ankamen. Großer Jubel der Bevölkerung begleitete die einlaufende Galeere.
Überall auf der Insel hielt die Bevölkerung besondere Danksagungsgebete an Gott
den Allmächtigen für die Befreiung der christlichen Sklaven ab.30 Im Jahre 1749
kam es zu dem zweiten ungewöhnlichen Ereignis, das in die Geschichte der Sklavenverschwörung
einging. Auf die Anregung des Tunesiers Bascia, der selber für viele
Jahre auf Malta gefangen gewesen war, schmiedeten nun ihrerseits die mohammedanischen
Sklaven Maltas Pläne für einen Aufstand. Er sollte von einem Manne namens
Ismeleti angeführt werden, und in seinem Verlauf sollte der Orden überwältigt werden
, wobei man die Ritter und den Großmeister töten wollte. Die Insel sollte anschließend
in die Hand von Bascia kommen. Aber die Mohammedaner konnten die Pläne
nicht verwirklichen, was vornehmlich daran lag, daß ein Jude mit dem Namen Cohen
die Verschwörung dem Großmeister offenbarte.31
Obwohl die Ritter, die hohen Würdenträger und der Großmeister sich ein und demselben
Zweck verschrieben und durch ein gemeinsames Gelübde gebunden hatten,
so traten sie dennoch in Konkurrenz. Es scheint, daß jeder mit jedem wetteiferte, die
eigene „Zunge" reich zu beschenken, die eigene Herberge reich auszuschmücken und
die jeweilige Kapelle der eigenen „Zunge", die Teil der großen Konventskirche St. Johannes
war, großzügig auszustatten. Das kann im Falle vieler Ordensbrüder behauptet
werden. Auch der Großprior von Nesselrode und Reichenstein machte keine Ausnahme
. So trug er verstärkt und großzügig dazu bei, daß die Kapelle der „deutschen
Zunge", wo er eventuell einmal seine letzte Ruhestätte finden sollte, verschönt wurde.
Die anderen Seitenkapellen im Innern dieser Hauptkonventskirche sind den „Zun-
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