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Die übrigen Soßen werden alle mit Mehl gemacht, darunter vier mit Wein oder Essig
. Neu ist der Ausdruck „Bischenmeel" (Bl. 116r Hd. 6) Bechamel, genannt nach
dem Haushofmeister Ludwigs XIV.; belegt wird diese Soße seit 1735,76 so daß wir
ein weiteres Steinchen für die zeitliche Eingrenzung unseres Kochbuchs erhalten. Bei
diesem Rezept handelt es sich weniger um eine Soße, als um einen mit Rahm verdünnten
dicken Kindsbrei, dem Fleisch- oder Fischstückchen beigegeben werden und
der schließlich als Auflauf gebacken wird. Als ich in den Fünfzigerjahren den Haushalt
einer englischen Familie versorgte, pflegte die Hausfrau die kleingehackten
Fleischreste vom sonntäglichen Roastbeef ebenfalls in einer Bechamelsauce aufzuziehen
.
Weitere französische Ausdrücke zeigen die immer größere Bedeutung der französischen
Kochkunst: Jus, „Schu" genannt, und „fricasirte Sose zu Huenner" (Bl. 86r),
eine helle Mehlschwitze, die mit Eigelb und Rahm legiert wird. Diese Soße wird mit
fast den gleichen Gewürzzutaten heute auch noch zu Kalbs- oder Hühnerfrikassee gekocht
: mit Wein, Zitronensaft, Lorbeerblättern, Nelken und Muskat; zusätzlich werden
hier noch Rosmarin und Safran beigegeben.
7. Gemüse- und Obstspeisen
Das Inhaltsverzeichnis von Hd. 4 gibt acht „gemäß" an (darunter Hirnschnitten und
Fleischspieße!), zehn Gemüsespeisen sind es in meiner Hauptgruppe ,Gemuese', und
223 mal zählt die Statistik ,Gemuese 1—5'. Ohne dieses Auswertungsverfahren wäre
es nicht möglich, die in den Rezepten versteckten Gemüse (auch Kräuter usw.) herauszufinden
.
Die am häufigsten verwendeten Gemüse sind:
Gemüse
Zwiebeln ............. 81
Knoblauch ............ 21
Sellerie .............. 11
Petersilienwurzel ...... 8
Blumenkohl ........... 4
Schalottenzwiebeln ..... 26
Morcheln ............ 18
Gelberüben ........... 10
Spinat ............... 4
Kartoffeln ............ 3
Je zweimal werden gekocht:
Gurken, Kohl, Kohlrabi, Kraut, Trüffel;
je einmal werden gekocht:
Fenchel, grünes Kraut, Kresse, Lauch, Linsen, Mangold, Meerrettich,
Oliven, Salat, Sauerkraut, gelbe Rüben und Schwarzwurzeln.
Neben den Zwiebeln wurden auch die Schalotten häufig verwendet, eine Zwiebel-
art, die erst 168777 im deutschen Sprachgebiet erwähnt wird. Ahnlich verhält es sich
mit dem Knoblauch, zu dem auf Bl. 34r noch der „Rockenbohl" hinzukommt. Das
deutsche Wort Rockenbollen kam über franz. Rocambole um 1680 wieder zurück und
bezeichnet eine Knoblauchart.78 Für die Barxlin war dieses Zwiebelgewächs, auch
span. Schalotte genannt, noch neu, denn sie wußte den Namen nicht und ließ in ihrem
Text einen Platz frei, um ihn später einzufügen.
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