http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0217
Diese Grundteigarten suchen wir z.B. bei der Welserin zum größten Teil vergeblich
; sie nennt nur den einfachen Knetteig ohne Fett für ihre Obstfladen und Pasteten
und den Brandteig für das Fettgebackene. Reichhaltig waren lediglich ihre Eiweiß/
Mandel-Gebäcke, die sich in obige Kategorien nicht einordnen lassen; am ehesten
könnte man von Baiser- oder Makronenmasse sprechen, wobei im Unterschied zu
heute das Eiweiß meist nicht zu Schnee geschlagen wurde.
Kleingebäck
Gerade diese Art von Mandelbaiser ist in unserem Kochbuch stark vertreten und
weist auf eine Eigenart der damaligen Küche hin: den häufigen Gebrauch von Mandeln
in den verschiedensten Speisen. 49 mal, also zu knapp der Hälfte der Backwaren
, wurden sie verwendet, und weitere 19 mal kommen sie in Mehl-, Süßspeisen und
sogar in Fleischspeisen vor, wie wir bei den Kalbsfiißsülzen gesehen haben. Da die
Mandeln über 50% Fett enthalten, konnten sie zum einen das früher nicht ausrei-
chend vorhandene Fett und Ol ersetzen,106 zum anderen besitzen sie eine hohe
Emulgier- und Gelierfähigkeit, wichtig für Cremes und Sulzen. Bis 1491107 mußte
zudem die Mandelmilch' — aus geschälten und feingestoßenen Mandeln mit Wasser
hergestellt — die für Fastenspeisen verbotene Milch von Tieren ersetzen.
Die Makronenmasse wurde zu Kleingebäck, ,Mandellaible', und Mandel Schmarren
(5 Rez.) verwendet, irreführender Ausdruck für auf dem Blech gebackene Makronenmasse
, die anschließend in Streifen geschnitten und über einem Wellholz rund gebogen
wurde. Daß dieses Gebäck weder „ergiebig" noch gut zu schneiden war, wundert
nicht. Auf dieselbe Art und Weise wurden zwei Mandel ,torten' hergestellt, ebenfalls
dünne, harte Kuchen wie auch der statt aus Mandeln mit Pistazien gebackene Boden.
Es gibt jedoch ebenfalls Rezepte für Mandelbiskuittorten, wie wir sie heute noch kennen
, zu welchen 15 Eier verwendet wurden.
Unter den 32 Rezepten für Kleingebäck fallen außerdem Oblatenküchlein (3 Rez.)
auf, zu welchen man Eingemachtes in Oblaten wickelt, das Päckchen anschließend
in einen mit Wein angemachten Ausbackteig taucht und in Fett bäckt. Mit Anis werden
fünfmal Biskuitküchlein gewürzt, Schokolade wird für Busserln und Hippen benötigt
. Aus Baisermasse sind ,Spanische Luft', Zitronenküchlein, Busserln und
Hobelspäne, sehr kompliziert herzustellende Gebilde, die so lange über die Glut gehalten
werden mußten, bis sie trocken waren.
Eine große Gruppe bildet das mit Zimt und Muskat gewürzte Kleingebäck, das
z.T. eine unglaubliche Menge an Gewürz enthielt. Für die Zimtbrötlein wurden zur
Masse aus einem halben Pfund Mandeln und vier Eiern 80 g Zimt hinzugefügt, während
die „Muscatcina", bei der Hagios ,Muskatzinen' genannt, zweifellos bitter
schmeckten durch die Zugabe von je einem Lot (rd. 15 g) Nelken, Zimt und Muskatnuß
. Ohne die seit vielen Jahrhunderten zu Weihnachten gebackenen Lebkuchen wäre
die Liste des Gewürzgebäcks unvollständig. Die ,Krachleckerlein' aus Honig, Brotmehl
, Mandeln und vielerlei Gewürzen werden nach Rezepten hergestellt, die schon
die Günterstaler Nonnen 1512 kannten.108 Schön glaciert mit Zuckerguß und mit
Mandeln besteckt waren sie ein beliebtes Geschenk für Kinder zum Nikolaus.109
Bei keinem Festmahl durften die im Hippeneisen gebackenen und anschließend
rundgebogenen Hohlhippen fehlen,110 ein zartes Waffelgebäck, wie es schon die Welserin
liebte. Fürs normale Waffeleisen, das ebenfalls auf die Glut gestellt wurde, sind
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