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verbrachte. Der Erfolg zeigte, daß damals in den Fünfzigern Freiburg bereits über
ein sehr breites interessiertes Lesepublikum verfügte. Die Beobachtungen der Firma
waren für die Verlage, mit denen sie in ständigem Meinungstausch stand, noch jahrelang
eine wertvolle Orientierungshilfe, für die Kunden über die Drehständer auf der
Straße eine wesentliche Serviceunterstützung. Der erste wirkliche Taschenbuch-Fan,
dessen Bildungshunger auffiel, war ein junger Bankkaufmann.144
Buchhandelsdichte, Gesamtbevölkerungszahl und Kostenspiegel Freiburgs ließen
damals jedoch bei den noch sehr geringen Preisen der Taschenbücher selbständige
Zweiggeschäfte nicht vertretbar erscheinen.145 Erst 1966 gelang es, innerhalb des
Geschäftshauses einen Taschenbuchladen zuzumieten. Uberhaupt bestand seit je her
aus eindeutigen wirtschaftlichen Überlegungen eine Abneigung gegenüber Filialen,
da die Intensivierung der Präsenz stets vorgezogen wurde. Auch die Beschäftigung
von Provisionsvertretern wurde nach der Trennung von der Zeitung meist uninteressant
und später bedeutungslos.
Durch die Zerstörung Leipzigs und die Teilung Deutschlands in vier Besatzungszonen
war der deutsche Buchhandel besonders betroffen. Freiburg gewann in den ersten
Nachkriegsjahren eine überraschende Bedeutung, da hier dank dem abendländischen
Kulturverständnis der Besatzungsmacht sich ein Börsenverein der Buchhändler
der französisch besetzten Zone etablieren konnte, der de facto die alten Rechtsgrundlagen
des Leipziger Verbandes weiterbestehen lassen, die Ausbildungsgrundsätze
verwirklichen und viel Kommendes vorbereiten konnte. Die zahlreichen Diskussionen
, die hier und anderswo unter Persönlichkeiten des deutschen Buchhandels geführt
wurden, die Treffen bei verschiedenen Gelegenheiten — vor der Währungsreform
waren der Papierzuteilung wegen etwa 30 deutsche Verlage in Freiburg ansässig geworden
— brachten einen ständigen fruchtbaren Meinungsaustausch, ergänzt durch
die Erörterung allgemeiner Probleme, wie es später nicht mehr vorstellbar war. Wer
über Branchenkenntnisse verfügte, politisch tragbar war und Sinn für gemeinsame
Interessen hatte, konnte sich den Pflichten kaum entziehen. Zusammen mit einigen
Kollegen gründete Karl Zimmer 1947 die Vereinigung Freiburger Buchhändler zur
Wahrung gemeinsamer Interessen, deren Vorsitzender er fortan blieb. Dem guten
Einvernehmen des Buchhandels mit der übrigen Geschäftswelt entsprach es, daß er
— wie andernorts keineswegs die Regel — im Einzelhandelsverband Fachgruppenobmann
war, auch gehörte er dem Einzelhandelsausschuß der IHK (bis 1978) sowie
im Laufe der Zeit verschiedenen buchhändlerischen Ausschüssen an.
Als das Haus Werner-Blust an die Kaufhof AG 1952 überging, mußte nochmals gewandert
werden. Der Verlag Herder hatte noch keine Baugenehmigung für sein Geschäftshaus
und überließ in schöner Kollegialität mietweise sein Grundstück, auf dem
später sein Bücherhaus erstehen sollte, Kaiser-Joseph-Straße 184. Der Behelfsbau
wurde — die Segmente waren meist vorhanden — auf 300 qm erweitert, einen kleinen
Hof eingeschlossen,146 von denen 40 qm an ein altes ebenfalls ausgebombtes
Freiburger Teppichgeschäft, die Fa. Kapferer, Inh. Ruh, untervermietet wurden. An
der Neuerstellung waren Architekt Eckert, Kirchzarten, Zimmermeister Birkle und
natürlich wieder Schreinermeister Josef Rösinger beteiligt.147
Anfang 1953 wurde umgezogen. Von jetzt ab waren alle Abteilungen vereinigt. Im
Frühjahr 1955 wurde der Behelfsbau an die Firma Sport-Glockner verkauft und in
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