http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1987/0332
Helmut Bender: Hansjakob und Freiburg. Badische Reihe Band 17. Waldkircher Verlag,
1986. 96 Seiten mit 6 Abbildungen.
Heinrich Hansjakob hat nicht nur Romane verfaßt, er hat auch viele Beobachtungen aus seinem
Alltag festgehalten oder persönliche Begegnungen beschrieben, auch solche mit den pflegebedürftigen
Armen und Alten in der Freiburger Kartaus. Unter ihnen machte er zum Beispiel
den einstmals angesehenen Zeichner Lerch ausfindig, der um die Mitte des 19. Jahrhunderts
einen sehr genauen und anschaulichen Plan der Stadt Freiburg angefertigt hat. Hansjakob
, der ja bekanntlich Pfarrer von St. Martin war, zog sich in der Zeit um 1900 gern in die
ruhig gelegenen alten Klostergebäude zwischen Freiburg und Ebnet zurück, wenn er der Stadt
überdrüssig war. Dort standen ihm drei Zimmer zur dauernden Verfügung, die übrigens bis
heute fast unverändert erhalten sind.
Von hier aus beobachtete er den Betrieb des Kappler Bergwerks, der zu seiner Zeit nach
langer Pause wieder aufgenommen worden war; er nahm als Zuhörer an der Geselligkeit im
Waldseerestaurant teil, oder er ärgerte sich über Fabriksirenen aus dem Tal. Ein anderer
Standort für seine Beobachtungen war der Franziskanerplatz, der heute Rathausplatz heißt,
wo eben sein Pfarrhaus stand. — Helmut Bender hat sich der verdienstvollen Aufgabe unterzogen
, aus Hansjakobs Werk alle Stellen herauszusuchen, die mit Freiburg zu tun haben. Die
frühsten datieren aus den vierziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, die letzten aus dem Ersten
Weltkrieg. Bender arrangierte das Gefundene zu einer angenehmen Lektüre. Ausführliche Anmerkungen
nennen die Quellen und erklären Zusammenhänge. Im Vorspann faßt der Autor
die wichtigsten Lebensdaten Hansjakobs zusammen. Renate Liessem-Breinlinger
Heinrich Hansjakob: Verlassene Wege. Tagebuchblätter. (= Band 1 der Reiseerinnerungen
mit Kommentar und Anmerkungen von Helmut Bender.) Waldkircher Verlagsgesellschaft,
Waldkirch, 1986.
In Zeiten einer bis zu nahezu textlosen Reisebilderbüchern überbordenden „Reiseliteratur"
muß sich der Neudruck auch noch „antiquarischer" Reiseliteratur im Horizont ihres Genres
zumindest durch Qualität rechtfertigen.
Der vorgelegte Band, neu numeriert als Band 1 jener fünf Bände Reiseerinnerungen Hansjakobs
, die von 1874 bis 1906 erschienen sind, dürfte diese Rechtfertigung aufgrund der besonderen
Stellung von Hansjakobs Oeuvre im Horizont der Gattung in sich tragen.
Sie gehört — nimmt man Homers Odyssee als Ausgangspunkt — zu den ältesten Literaturgattungen
insgesamt und zeigt in sich auch die allergrößte thematische Vielfalt. Mit Laurence
Sternes „Yoricks sentimental journey through France and Italy" (1768), der empfindsamen
Selbstvergewisserung eines reisenden Individuums, mit Goethes „Italienische Reise" (1786 -
hier steigt aus dem Text von Reisebeschreibung die gültige Struktur einer Persönlichkeit herauf
—) oder, der Kuriositätssucht des 18. Jhdts. entsprossen, mit Thümmels „Reise in die mittäglichen
Provinzen von Frankreich" (1781-1805) setzt ein breiter Strom von Reiseliteratur insbesondere
des 19. Jhdts. ein.
In der Vielfalt thematischer Ausprägung beginnt auch ein Traditionssträng politisch verstandener
, kritischer und auch ironisch-satirischer Reiseliteratur mit Johann Gottfried Seumes
„Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802" (1803 ff., bis heute vielfach neu gedruckt), der
in Voltairischem Geist („Candide" 1759, absurd-groteske Reiseliteratur) von Romantikern
(Heinrich Heines Harzreise z. B.) ausgeprägt und etwa von Karl Julius Weber, wohl einem geistigen
Vorgänger Hansjakobs, weiterverfolgt wurde.
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