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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 158
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1,25 und 1,50 Mark.78 Die Lebensverhältnisse ließen sich nur dadurch etwas aufbessern
, daß zum einen die ganze Familie, also auch die schulpflichtigen Kinder, arbeiteten
, zum anderen fast alle Bürstenmacher nebenbei noch eine kleine Landwirtschaft
betrieben. Das hatte auch den Vorteil, daß bei Absatzstockungen nicht gleich
die allerschlimmste Notlage für die Bürstenbinder eintrat.

Absatzgebiete

Nach der Gründung der Fabriken und mit der allgemeinen Verbesserung der
Verkehrs- und Handelswege ging der Absatz weit über das früher von den Hausierern
besuchte Gebiet hinaus. Die Fallersche Fabrik exportierte bereits im Jahre 1863 nach
England und später wie die anderen Fabriken nach Frankreich, Belgien, Österreich,
England, Amerika und Schweiz.79 Interessant ist die Bemerkung Bittmanns, daß die
japanischen Hersteller die deutschen Bürsten schon im Jahr 1905 „wegen ihrer Billigkeit
" verdrängten!80

Der Absatzmarkt der Hausierer ging stark zurück und beschränkte sich bald auf
die wenig erschlossenen und abgelegeneren Gebiete.

Berufskrankheit: Der Milzbrand

Der Milzbrand ist eine infektiöse Krankheit, die von Tieren auch auf den Menschen
übertragen werden kann. Er endet häufig tödlich.

Ausführlich berichtet Bittmann über die Gefährdung der Hausindustriellen durch
diese Krankheit, die durch die Verarbeitung von Tierhaaren unter den Todtnauern
grassierte und „vermöge seines zuweilen tödlichen Verlaufes eine ernste Lebensgefahr
für die Arbeiter (bildete)".81 Besondere Gefahr bestand bei den importierten Borsten,
die nicht nach den deutschen veterinär-polizeilichen Vorschriften überprüft worden
waren. Zwar gab es verschiedene Desinfektionsmöglichkeiten (auskochen, chemisch
mit Kaliumpermanganatlösung, strömender Dampf) und einen Erlaß des Bundesrates
von 1899, der das Desinfizieren ausländischer Tierhaare und Borsten vorschrieb, der
Erfolg war gleichwohl gering, weil die Fabrikanten sich nicht daran hielten.

So erließ die badische Regierung 1902 schärfere Vorschriften, nachdem bis dahin
42 Milzbrandfälle aufgetreten waren. Fabrikinspektoren sollten die Bestimmungen
überwachen. „Betrübenderweise wurden in zahlreichen Behausungen von Heimarbeitern
der Bürstenindustrie undesinfizierte ausländische Borsten vorgefunden. (...)
Solches Material fand sich in den Ortschaften zerstreut, nachdem die Fabrikanten
kurz zuvor auf das bestimmteste erklärt hatten, daß niemals undesinfizierte Ware in
die Hausindustrie gegeben werde! (...) Für diese offenbare Gesetzesverletzung, die
in Hunderten von Wohnungen Gesundheit und Leben der Familie bedroht, wurden
die Gründe angegeben, mit denen die Fabrikanten sich schon in früheren Jahren allgemein
gegen die erlassene Vorschrift wandten: große Unkosten, Herabminderung
des Gewichts und des Gebrauchswertes u. dergl." — Gründe, die nach Bittmann nicht
stichhaltig waren.82

Anton Schubneil aus Todtnauberg berichtete dem Autor von zwei Fällen von Milzbrand
aus dem Jahr 1912, die tödlich verlaufen sind, sieben Jahre nach Bittmanns Appell
also. Auch die verschärften Vorschriften hatten nichts an der Tatsache zu ändern
vermocht, daß die Fabrikanten Leben und Gesundheit der Arbeiter aus Gewinnsucht
aufs Spiel setzten.

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