http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0211
gangsgebet mit dem Wort 'Reminiscere4 (Erinnere dich) beginnt, als Volkstrauertag
begangen. Er war besonders den im Ersten Weltkrieg Gefallenen gewidmet und sollte
an die Toten und an die Leiden des Krieges erinnern. 1934 erklärten die Nationalsozialisten
diesen Tag zum Staatsfeiertag, an dem aber nicht Trauer bekundet, vielmehr
der Heldentod für das Vaterland zum edelsten Ziel junger Menschen erklärt
wurde.28 Am 16. März 1940 spricht das Gemeindeblatt von einer „eindrucksvollen
Feier am letzten Sonntag", von einem „stattlichen Zug" der Wehrmacht und sämtlicher
„Formationen" der Gemeinde zum Ehrenmal auf dem Friedhof, wo Hauptmann
Lauth „in einer markigen Ansprache der gefallenen Helden" gedachte; Bürgermeister
Heß gelobte, die Gemeinde werde ihre gefallenen Söhne nie vergessen. Anschließend
zogen der Spielmannszug der Feuerwehr und der Standartenkapelle in „schneidigem
Marsch" zum Platz der SA zurück.
Als Zeitdokumente darf man zwei Gedichte der Dorfpoetin werten, die das Gemeindeblatt
zum Heldengedenktag 1941 abdruckt (15. März 1941). Zur Einweihung
des Denkmals für die Gefallenen des Weltkrieges hatte Rosine Müller an die christliche
Vorstellung erinnert, am Ende der Pilgerreise warte die ewige Ruhe im Väterhause
.
Die Ihr verloren Eure Lieben,
Sie sind nicht für immer geschieden.
Wir hoffen nach kurzem Pilgerlauf
Ein Wiedersehen droben im Vaterhaus.
Das zweite Gedicht — „Des Kriegers Heimkehr aus dem Weltkrieg" — ist datiert:
1918. Mit der Aufforderung, Gott die Ehre zu geben, verbindet die letzte Strophe die
Hoffnung auf das Kommen eines Führers. Solche Zeilen spiegeln Sehnsüchte der Zeit
und haben dazu beigetragen, Christen für den Nationalsozialismus, für den „Führer"
Adolf Hitler zu gewinnen:
So laßt uns Gott die Ehre geben,
Daß Er uns einen Führer schenkt.
Der seines Volkes Wohl und Wehe
Nur stets mit großer Weisheit lenkt.
Zum Heldengedenktag bringt das Gemeindeblatt 1940 und 1941 die Namen der 78
im Ersten Weltkrieg Gefallenen und ergänzt die Liste um den bzw. die 1939 und 1940
Gefallenen, worauf noch einzugehen ist.
Von polnischen Kriegsgefangenen, Elsässern und Juden
Nach dem Sieg im Osten wurden polnische Kriegsgefangene verteilt; in Teningen
sollten sie in der Landwirtschaft die durch die Mobilmachung gerissenen Lücken füllen
; untergebracht wurden sie zunächst im Rathausschulsaal. Bürgermeister Heß, der
den Ersten Weltkrieg mitgemacht hat, fordert die Einwohner auf, sich den Gefangenen
gegenüber so zu verhalten, „wie sie dies auch von unseren Gefangenen bei den
Feindstaaten erwartet" (Gb. 13. April 1940). Wie um einen „Fehler" gutzumachen,
rückt Heß schon bald von seiner anfangs ritterlich-humanen Einstellung ab und
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