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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 230
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1988/0232
Neben der Synagoge in Freiburg wurden u. a. auch die Synagogen in Breisach
, Ihringen und Eichstetten zerstört, und eine Anzahl jüdischer Bürger wurde
verhaftet.

In Kehl war der örtliche Leiter der Gestapo Betreiber und Anführer der Aktion gegen
die Juden. Angehörige der örtlichen SS sowie Beamte der Grenzpolizei, die zum
großen Teil aus österreichischen SS-Männern bestand, verhafteten die jüdischen Bürger
und sammelten sie in der Stadthalle. Hierbei blieb kaum ein Jude von schweren
Mißhandlungen verschont. Auf Befehl des Gestapo-Leiters ging der SS-Untersturmführer
mit Gestapo-Beamten und Angehörigen seines Sturms zur Synagoge, aus der
die Kultgegenstände mitgenommen oder zerstört wurden. Das Gebäude der Synagoge
blieb erhalten.

b) im Gebiet des damaligen Großdeutschland

An vielen Orten im Gebiet des damaligen großdeutschen Reiches fanden ähnliche
Aktionen statt. Insgesamt wurden mehrere hundert Synagogen angesteckt bzw. demoliert
. Mindestens 8000 jüdische Geschäfte und zahllose Wohnungen wurden verwüstet
. Der materielle Gesamtschaden wurde auf mehrere hundert Millionen Mark geschätzt
. Eine nicht mehr feststellbare Zahl jüdischer Mitbürger wurde schwer
mißhandelt und verletzt, rund hundert Juden wurden getötet. Einige hundert gingen
später noch in den Konzentrationslagern Dachau, Buchenwald und Sachsenhausen
zugrunde; man hatte etwa 30000 festgenommene Juden im Zusammenhang mit der
Reichskristallnacht in diese Lager verschleppt.5

Diese Zahlen sollen durch die Schilderung einiger Einzelschicksale ergänzt werden
. In Lesum bei Bremen war einem SA-Scharführer die Ermordung des Ehepaares
Goldstein befohlen worden. Er weigerte sich zunächst, bis ihm selbst Erschießen angedroht
wurde. Daraufhin begab er sich in das Schlafzimmer des Ehepaares, wo
beide, aufgeschreckt durch das gewaltsame Eindringen der SA-Männer, schon neben
ihren Betten standen. Der Scharführer sagte: „Ich bin angewiesen, einen schweren
Auftrag durchzuführen". Frau Goldstein antwortete ruhig: „Mein Herr, schießen Sie
bitte gut!" Dann schoß er.6

In Hilden, im Rheinland, wurden vier Personen erstochen oder erschossen. Ein
68-jähriger Arzt, ein assimilierter Jude, der mit einer Nichtjüdin verheiratet war,
ging, nachdem sein Haus geplündert und er selbst schwer mißhandelt worden war,
mit seiner Frau und dem alten, nicht jüdischen Dienstmädchen in den Garten, wo alle
drei Gift nahmen. Die Ehefrau wurde später gerettet. Sie beschrieb nachher den Zustand
ihres Hauses: im Badezimmer hatte man die Badewanne umgeworfen und
Becken und Spiegel zerschlagen, im Eßzimmer waren Polstermöbel, Gemälde und
Bilder zerschlagen oder zerschnitten, Kronleuchter und Lampen hatte man abgerissen
oder zerstört, sämtliche Fenster des Hauses eingeschlagen. Im Keller hatten die Eindringlinge
etwa 200 Einmachgläser an der Mauer zerschmettert, den Mehlvorrat
hatte man mit Seifenpulver durchsetzt.7

In Osterreich, „einem der Stammlande des deutschnationalen und rassistischen
Antisemitismus"8, kam es sofort nach dem Anschluß im März 1938 zu Judenverfolgungen
und einer Terrorwelle, die an Brutalität und Umfang kaum zu überbieten war,
was z. B. auch der Dichter Carl Zuckmayer in seinen Erinnerungen „Als wär's ein

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