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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
107.1988
Seite: 244
(PDF, 38 MB)
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anderen Angeklagten auch in trostlosen Vermögensverhältnissen. Sein Geschäft lag
seit 1941 still und war gegen Ende des Krieges schwer beschädigt worden. K. war
von 1941 bis 1945 Soldat gewesen und befand sich bis Ende November 1948 in jugoslawischer
Kriegsgefangenschaft.

Der SA-Arzt Dr. Lenk wurde mit 8 Monaten Gefängnis bestraft, er war schon von
Mai 1945 bis Ende 1948 in französischer Internierung gewesen.

Der SS-Führer B., im Zivilberuf städtischer Angestellter, der in Eichstetten die
Juden zusammengetrieben hatte, erhielt 10 Monate Gefängnis. Er war von 1939 bis
1945 Soldat und anschließend in Kriegsgefangenschaft, Internierung und Untersuchungshaft
gewesen.

Der Lehrer wurde für seine Ansprache an die Juden in Ihringen, die auch als Verbrechen
gegen die Menschlichkeit gewertet wurde, mit 6 Monaten Gefängnis bestraft.
Drei weitere Angeklagte erhielten geringere Freiheitsstrafen, ein Angeklagter wurde
freigesprochen. Das Schwurgericht, damals noch mit drei Berufsrichtern und sechs
Laienrichtern besetzt, war mit seinem Urteil bei fast allen Angeklagten weit unter
dem von der Staatsanwaltschaft beantragten Strafmaß geblieben.

Die Organisatoren und Rädelsführer in Freiburg und Umgebung waren nicht gefunden
worden. Polizei und Staatsanwaltschaft hatten alle Möglichkeiten ausgeschöpft,
gegen mehr als 30 Personen war ermittelt worden, 14 hatten kürzer oder länger in
Untersuchungshaft gesessen, 6 konnten schließlich überführt und verurteilt werden.
Das Urteil wurde rechtskräftig.

Schluß

Am Schloß in Emmendingen wurde Anfang November 1988 eine Gedenktafel angebracht
, auf der an die Zerstörung der Emmendinger Synagoge hingewiesen wird und
die für alle Zeiten Warnung und Mahnung vor einem Rückfall ausdrücken soll.

Diese Mahnung ist wichtig und menschlich verständlich; der Kriminologe muß
sich jedoch bezüglich der Wirkung dieser Mahnung Skepsis auferlegen. Sicherlich
werden Synagogenbrandstiftungen in dieser Form und unter diesen Umständen nicht
wiederholt werden. Es muß aber daran erinnert werden, daß, wie Bertold Brecht es
einmal ausdrückte, der Mann Mann bleibt, was soviel heißt, daß der Mensch immer
der Mensch bleibt. Man kann den Menschen nicht grundlegend ändern, er wird immer
sein Aggressionspotential behalten und auf vielerlei Verführungen emotional
reagieren. Ein Blick in die Zeitungen zeigt uns fast an jedem Tag, wie leicht es ist,
Menschen auf die Straße zu bringen und sie zu veranlassen, Gewalttaten zu begehen.
Am bedrückendsten ist es, daß die Geschichte beweist, daß selbst Völker und Minderheiten
, die lange unterdrückt wurden und werden, aus der Geschichte wenig oder
nichts lernen und ihrerseits ihre Minderheiten wiederum bedrücken.

Anmerkungen

1 Siehe K. D. Bracher u. a., Von Geschichte umgeben, Joachim Fest zum 60., 1986, S. 203.

2 M. Broszat S. Friedländer, Um die „Historisierung des Nationalsozialismus", in: Vierteljahrs
hefte für Zeitgeschichte 36. Jg. H. 2, 1988, S. 340.

3 Vgl. auch den Beitrag des Verfassers: Als die Synagogen im Breisgau brannten ..., in: Freiburger AI
manach 1979, S. 67—73.

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