http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0109
Mit dem Konstanzer Konzil, der Achtung Herzog Friedrichs und dem Verlust aller
vorländischen Gebiete, brach die österreichische Politik am Oberrhein zunächst einmal
zusammen und benötigte 12 Jahre, bis sie mit Ausnahme der schweizerischen Gebiete
wieder mit ihrer Rekuperationspolitik Erfolge verbuchen konnte. Seit dieser
Zeit ist Ensisheim zweifellos der Verwaltungsmittelpunkt von Elsaß, Sundgau, Breisgau
und Schwarzwald mit einem eigenen Landvogt über die gesamten Gebiete.15 Ob
Herzog Albrecht VI., der um die Mitte des 15. Jahrhunderts Regent der „oberrheinischen
Lande" und zeitweise auch in Rottenburg am Neckar und Freiburg residierte,
auch ein eigenes Archiv an seinem Hof hatte, ist zu vermuten, doch fehlen eindeutige
Belege. Die Geschichte eines vorderösterreichischen Archives im Zusammenhang
mit der Ensisheimer Verwaltungszentrale wird erst im 16. Jahrhundert greifbar. Mit
der Einrichtung einer eigenständigen Regierung in Ensisheim 1507 und der Aufrichtung
einer Regimentsordnung 1510, die auf Initiative der vorderösterreichischen
Landstände erfolgten, beginnt auch die Geschichte des Ensisheimer Regierungsarchivs
deutlicher zu werden.16
Von einem Regierungsarchiv in Ensisheim ist lange Jahre nichts bekannt; im Jahre
1523, als die Ensisheimer Regierung eine neue Regimentsinstruktion erhielt, war die
„regierung der vorderen österr. erbland herrschaften und gepiet alleweg und je der
hiesigen nidern regierung zu Ynspr. incorporiert gewesen und ir aufsehen auf dieselbe
gehabt. . ."17 Nach dieser Aussage ist die Ensisheimer Regierung ein — zwar
bedingt selbständig handelnder — Bestandteil der Innsbrucker Regierung und letztendlich
dieser doch bei wichtigen Entscheidungen unterstellt. Entsprechend hatte die
Ensisheimer Regierung auch kein eigenes Siegel und mußte alles in Innsbruck besiegeln
lassen.18 Analog dazu muß man annehmen, daß in Ensisheim auch kein ordentliches
Archiv vorhanden war, sondern alle wichtigen Dokumente in Innsbruck aufbewahrt
wurden. Erst am 2. März 1527 war beabsichtigt worden, im Gewölbe des
Ensisheimer Schlosses ein Archiv zu errichten.19 Die Räumlichkeiten der vorderösterreichischen
Regierung in Ensisheim lassen jedoch nicht nur den heutigen Archivar
, sondern jeden in der Verwaltung Tätigen zutiefst erschrecken. Im Mai 1515 berichteten
die vorderösterreichischen Regenten nach Innsbruck, daß schon vor
längerer Zeit ein Turm des Schlosses wegen Baufalligkeit abgebrochen worden sei,
aber der Bauschutt noch vor Ort liege und nicht abgeräumt worden sei, „villicht des
stathalters frowennzymer zu gefallenn etwan doselbst uff dem gemur unnd grundt us
unnd wider zu dem schloß gat." D. h., der Bauschutt wurde nicht abgeräumt, damit
die Frau des Statthalters zwischen den Trümmern „lustwandeln" könne. Doch auch
im Garten der offenbar unmittelbar daneben befindlichen Kanzlei befand sich eine
Menge Bauschutt und das Gebäude war nicht zu verschließen „so nacht unnd tags
wann eyner will inn der cantzley garten, hoff und etlich der cantzley gemach kommen
mag." Um den verheerenden Zuständen die Krone aufzusetzen, wird die Bemerkung
hinzugefügt, daß das Gebäude mit Stroh gedeckt sei, so daß „mit der zit eyn mergk-
licher schaden durch feur an der canntzley begegnenn mecht."20
Die bauliche Situation änderte sich grundlegend jedoch erst Jahre später mit der
Errichtung des noch heute erhaltenen prächtigen Rathausbaues. Dieser Bau wurde
mit landständischen Bewilligungen, einer Bausteuer, aus Zuschüssen der Türkensteuern
und von Strafgeldern aus dem Schmalkaldischen Krieg erbaut. Das Gebäude
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