http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1989/0124
Auffallend an diesem Archiv und seiner Ordnung ist zum einen die Tatsache, daß
sie mindestens 10 Jahre älter ist als das vorderösterreichische Regierungsarchiv und
dessen Ordnungskriterien. Während das spätere Regierungsarchiv aufgrund der
Aktenfülle in zahlreiche Rubriken unterscheiden muß und jeden dieser Bereiche
chronologisch ordnet, bedarf es bei den ritterschaftlichen Dokumenten keiner solchen
Unterscheidung, da der Umfang von 20 Stücken dies nicht erfordert. Das Ritterschaftsarchiv
beinhaltet aber auch keinesfalls alle Schriftstücke, sondern nur einen
gewissen Satz besonders wertvoll erachteter Privilegien und Verträge. Diese sind
prinzipiell chronologisch geordnet, wobei die Privilegien (im Repertorium Nr. 1—16)
den Verträgen (Nr. 17—20), in denen die Ritterschaft als Vertragspartner auftritt, voranstehen
. Dabei dürfte die ständische Reihenfolge der Vertragsaussteller, d. h. Kaiser
, Könige und Landesfiirsten, eine Rolle spielen. Die Aufnahme und Verzeichnung
der einzelnen Urkunden unterscheidet sich ebenfalls erheblich von der eher inhaltlich
geprägten Archivordnung der vorderösterreichischen Regierung, da das oben dargestellte
Repertorium jeweils nur den Aussteller der Urkunde mit seiner vollständigen
Titulatur und das Datum aufzeichnet. Diese beiden Aufhahmekriterien spiegeln deutlich
den Wert der Privilegien wieder, die von den höchsten „Standespersonen" ausgestellt
wurden und die im Prinzip nur chronologisch aneinandergereiht wurden. In der
kleineren Kategorie der Verträge wurden die Kriterien dann nur noch übertragen.
Diese Archivordnung scheint im Wesentlichen noch längere Zeit beibehalten worden
zu sein, da beispielsweise die Privilegiensammlung aus dem Familienarchiv
Waldner von Freundstein,56 die schon zur Identifikation des Repertoriums herangezogen
wurde, sich noch am Ende des 16. Jahrhunderts im Prinzip an dieser Ordnung
und Reihenfolge, wenn auch in erweiterter Form, orientiert. Diese Privilegiensammlung
enthält auch von fast allen 1528 aufgelisteten Stücken Kopien und setzt diese
Reihe mit einigen Stücken bis in das letzte Drittel des 16. Jahrhunderts fort. Aus dem
Jahr 1550 ist ein Brief des ritterschaftlichen Ausschusses an Freiburg vorhanden, in
dem dieser die Stadt Freiburg bat, in ihren Gewölben nach Dokumenten zu suchen,
„so gemeine ritterschafft diser vorderösterreichischen landen" betreffen, und sich
gegebenenfalls Kopien von diesen Schriftstücken erbat.57 Zweifellos bemühte sich
die Ritterschaft zu diesem Zeitpunkt, sich Klarheit über ihre Rechte und Privilegien
zu verschaffen, d.h. letztendlich strebte sie nach dem Auf- und Ausbau ihres Archi-
ves. 1560 sind dann — als ein weiteres Bruchstück in der Geschichte des ritterständischen
Archivs — Hans von Andlau neben dem Syndikus Dr. Wendel Zipper und
Herrn von Rappoltstein als Schlüsselverwalter der ritterständischen Lade belegt.58
Auf das Jahr genau 40 Jahre nach der ersten erhaltenen Archivordnung verabschiedete
die vorderösterreichische Ritterschaft am 21. Januar 1568 in Breisach eine Ritterstandsordnung
, die sich auch kurz zu den ritterschaftlichen Akten, ihrer Verwaltung
und Aufbewahrung äußert. Die Ritterschaft legte sich in dieser Ordnung fest, einen
Advokaten oder Syndikus mit ihren Geschäften zu betrauen, was jedoch keinesfalls
ein Novum war, sondern schon rund zwanzig Jahre lang als Usus angesehen werden
muß.59 „Diser ihr advokat oder syndicus soll deme vermög einer bestallung dißes
standts ihrn nutz und wolfarth getreüw fließ laßen angelegen sein, alle geschriftliche
acta ordnenlich registriren unnd zusammen halten, damit wann der änger oder mehrer
ußschutz zusammenkomt, alle ergangne geschichten ordenlich recensirt inn ge-
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