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gemeinden. Der nicht unbedeutende, historisch gewachsene Besitz war die materielle
Grundlage für das Kloster, aber auch — modern gesprochen — Arbeitsstätte für zahlreiche
Bedienstete.
III. Das Kloster Günterstal im vorderösterreichischen Breisgau
Als die junge Äbtissin 1770 ihre Tätigkeit aufnahm, regierte in Osterreich Maria Theresia
. Sie und ihr Sohn Joseph II. prägten in den kommenden Jahren auch das Leben
des vorderösterreichischen Breisgaus. Das Land hatte „eine ständische Verfassung,
in welcher sich die Prälaten und der Adel als erster und zweiter, sodann die Städte
und Landschaften als dritter Stand befinden."68 Als Mitglied des Ritterstandes waren
die Zisterzienserinnen von Günterstal in die staatliche Organisation eingebunden.
In der Regierungszeit Maria Theresias wurde der österreichische Staat grundlegend
reformiert. Bereits 1753 hatte der Papst auf Bitten der Kaiserin die Zahl der Feiertage
beschränkt; die vielen Feste, so lautete die Begründung, hätten nur zu Müßiggang geführt
. Mit dieser Reduzierung war man aber noch nicht zufrieden; 1771 wurden nochmals
20 Feiertage abgeschafft.69 Die Bevölkerung des Breisgaus hing jedoch mit
großer Zähigkeit an der hergebrachten Übung und konnte sich nur schwer an die neue
Ordnung gewöhnen. In Freiburg wurden z.B. die Feste des Hl. Sebastian und der
Hl. Agatha weiter gefeiert. Bürger, die an diesen Tagen arbeiten wollten, wurden ins-
besonders von Frauen als Ketzer verschrieen. Im Jahre 1774 wurden die Ortsvorsteher
sogar angewiesen, an den ehemaligen Feiertagen die Häuser „visitieren" zu lassen
und die nicht arbeitenden Untertanen mit einer Geldbuße zu belegen."70
Diese Änderungen berührten die Nonnen in dem malerischen Tal bei Freiburg nur
am Rande. Anders verhielt es sich mit den kirchlichen Reformen, die die Kaiserin
in die Wege leitete.
Kurz vor der Wahl der neuen Äbtissin war am 17. 10. 1770 ein Hofdekret erlassen
worden, das die Ablegung der Ordensprofeß erst mit Vollendung des 24. Lebensjahres
erlaubte. Ein so wichtiger Schritt im Leben eines Menschen verlange eine gewisse
Einsicht, die in jüngeren Jahren nicht vorhanden sei,71 lautete hier die Begründung.
Die Tendenz der österreichischen Regierung, den Einfluß der Klöster zu mindern,
war klar. Indessen gelang es immer wieder, die eine oder andere Bestimmung abzumildern
. So wurde auf Grund einer Beschwerde der vorderösterreichischen Landstände
im Jahre 1790 das oben erwähnte Mindestalter für die Ablegung der Profeß
wieder auf 21 Jahre herabgesetzt.72 Grund für die Beschwerde war nun nicht das
Wohl der Frauenklöster, sondern die Furcht, daß diesen und damit dem ganzen Land
Schaden entstehe, wenn weibliche Jugendliche von ihren Eltern in Klöster des nicht
vorderösterreichischen Umlandes vermittelt wurden, in denen ein früherer Klostereintritt
nach den Bestimmungen des Konzils von Trient nach wie vor möglich war.
Nach einer Anordnung von 1773 durften die Frauenklöster neue Novizinnen ohne
Genehmigung der Landesstelle nicht aufnehmen.73 Die V. Ö. Regierung und Kammer
hatte — wie aus einem erhaltenen Schriftwechsel ersichtlich74 — die Entscheidung
„seiner Majestät" einzuholen. So bestimmte ein Hofdekret vom 20. 11. 1792,
daß „dem Frauenstift Güntersthal die angesuchte Bewilligung zur Aufnahme der vier
Kandidatinnen . . . ertheilet wird." Bedingung war allerdings, daß „gegen drey Inlän-
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