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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0010
diesem Wege neu zu deuten.76 Der Gang der Geschichte erscheint so geradezu als
eine mathematische Funktion. Wieweit dies für die neuzeitliche Entwicklung zutrifft,
kann hier nicht näher untersucht werden. Auch kann auf die Problematik statistischen
Grundlagenmaterials für die Erforschung dieses Zeitraums nicht eingegangen werden
. Gesagt sei nur, daß selbst neuzeitliches statistisches Material keinesfalls die vermutete
absolute Sicherheit der Erkenntnisse bietet. Dies wird — um ein Beispiel
unserer Zeit zu geben — etwa an den Arbeitslosenziffern deutlich. Trotz erkannter
Unzulänglichkeiten ist es hier noch immer nicht gelungen, dieses Phänomen eindeutig
aufzuschlüsseln und damit zu deuten.

Noch viel schwieriger ist die Lage in dieser Hinsicht für das Mittelalter, dem Systematik
und Statistik so gut wie völlig unbekannt waren. Wenn für Zeiträume vor 1500
genauere Zahlenangaben gewonnen werden sollen, ist man fast allein auf Güter- oder
Einkommensverzeichnisse angewiesen, die ihrer Aufgabenstellung nach garnicht als
Grundlage statistischer Erhebungen vorgesehen waren. Schon zu Anfang unseres
Jahrhunderts hat der Wiener Wirtschaftshistoriker Alfons Dopsch auf die Bedeutung
dieser Art von Quellen hingewiesen und deren Edition gefordert.77 In jüngster Zeit
hat etwa Norbert Ohler, der die Urbare des Freiburger Klosters Adelhausen in verdienstvoller
Weise ediert hat, über diese Quellengruppe folgendes aussagen zu können
geglaubt: Die Edition solcher Quellen „ermöglicht (es), aufschlußreiche Statistiken
aufzustellen".78 Selbstverständlich darf keine Forschung über die mittelalterliche
Geschichte auf die Berücksichtigung von Zahlenmaterial verzichten. Voraussetzung
ist allerdings, daß dieses einwandfreie Aussagen ermöglicht.79 Hatten wir schon bei
der Erwähnung der quantifizierenden Methoden zur Deutung neuzeitlicher Entwicklungen
auf deren Problematik hinweisen müssen, so steht die Ausnutzung mittelalterlicher
Quellen dieser Art vor sehr viel schwierigeren Problemen. Obwohl die Erfassung
und Feststellung von Gütern und Einkünften, mit denen es die Mediävisten in
dieser Hinsicht fast ausschließlich zu tun haben, häufig — wie es etwa das englische
Domesday Book beweist — aufgrund von speziellen Erhebungen aufgestellt worden
sind, handelt es sich dabei nicht um statistisches Urmaterial.80 Daß es darin recht
häufig zu Schreib- und Rechenfehlern, zu Auslassungen, Ungenauigkeiten und anderen
Fehlern gekommen ist, verwundert bei den Eigenarten und Mentalitäten mittelalterlicher
Menschen nicht.81 Die Aussagekraft des in Frage kommenden Materials
wird ferner häufig dadurch in Frage gestellt, daß topographische Festlegungen, die
für erwünschte Folgerungen unerläßlich sind, nicht mit der notwendigen Eindeutigkeit
nachzuvollziehen sind.82 Die hier nur angedeuteten Probleme müssen also zuvor
einer Lösung nahegebracht werden, bevor eine statistische Auswertung derartiger
Quellen möglich ist. Endlich darf nicht aus den Augen verloren werden, daß das erwähnte
Material aufgrund einer ganz anderen Zielsetzung angefertigt worden ist.
Daher kann eine Beantwortung moderner Fragestellungen und eine statistische Auswertung
nach modernen Anforderungen nur unter immer erneuter Berücksichtigung
dieser ungenügenden Voraussetzungen und mit größter Behutsamkeit gewagt werden.
Auch dann wird das Ergebnis für Aussagen zur mittelalterlichen Entwicklung darin
bestehen, daß es bezüglich moderner Fragestellungen nur zu annähernden, oft recht
vagen Antworten kommen kann.

Besonders die Angaben der Urbare, Abgaben- und Güterverzeichnisse städtischer

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