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digungen. Der feierliche Akt fand in der kleinen Stube des Rathauses statt, der Rat
hingegen tagte zur gleichen Zeit in der großen Stube, war also nicht anwesend.142
Auch jetzt ging die Bürgerrechtsverleihung vom Stadtherrn aus, wobei aber nun ein
gewisses Mitspracherecht des Rates angedeutet wird. Mit den vom Graf gesprochenen
Worten „ich wil iich hiitte luterlich durch got einvalteklich ze burgern machen"
wurde der Akt rechtskräftig und darüber eine Urkunde ausgestellt,
Die Situation änderte sich mit dem Ubergang der Stadt an die Habsburger schlagartig
, was sich auch durch die neue Stadtrechtsurkunde von 1368 dokumentiert.143
Der neue Stadtherr erlaubte nämlich der Breisgaumetropole, jederzeit Klöster als
Bürger aufzunehmen, womit nun die Initiative bei der Stadt selbst lag.
Damit trat auch für Tennenbach eine neue Situation ein. Ansprechpartner war nun
der Magistrat, Bürgermeister und Räte, nicht mehr der Stadtherr. Diese neue Konstellation
dokumentiert sich schon 1371, als Abt Johann das Bürgerrecht der Stadt anerkannte
.144 Zunächst verwies der Abt darauf, daß Tennenbach schon lange Zeit Bürger
der Stadt Freiburg sei.145 Der Abt bestätigte der Stadt — ausdrücklich ist „von
den wisen, dem burgermeister und dem rat der selben stette" die Rede — das Bürgerrecht
.146 Ein Stadtherr mit irgendwelchen Rechten und Ansprüchen wird nicht
genannt. Auch Rechtsansprüche oder gar Privilegien des Klosters bzw. der Abte
innerhalb der städtischen Gemeinschaft kamen nicht mehr zur Sprache, Ganz im Gegenteil
, der Abt gelobte dem Rat ausdrücklich Gehorsam und Gleichstellung mit den
anderen Bürgern.
Während bis 1368/71 das Kloster infolge weitreichender Steuerbefreiungen und
Suspendierung von Bürgerpflichten ein spürbares Interesse am Freiburger Bürgerrecht
besaß, wurde nun das Bürgerrecht der Geistlichen von der Stadt neu interpretiert
: Wer Bürgerrecht genoß, sollte und mußte auch Bürgerpflichten übernehmen.
Die permanente Abwesenheit der neuen Stadtherren und deren städtefreundliche Politik
zwang das Kloster zu einer demütigeren Haltung.
Während des gesamten Mittelalters stand das Bürgerrecht Tennenbachs — folgt
man den überlieferten schriftlichen Zeugnissen — nie zur Disposition, so daß in zahlreichen
Dokumenten Tennenbach von der Stadt ausdrücklich als Bürger genannt
wird.147 So traten der Freiburger Rat und das Gericht öfters in Tennenbacher Angelegenheiten
in Erscheinung, natürlich besonders, wenn Freiburger Besitz tangiert
wurde.
Nach dem Tod eines Abtes war der Nachfolger gezwungen, sich wieder neu ins
Bürgerrecht aufnehmen zu lassen, wobei er der Stadt Gehorsam versprach. Dies er-
folgte mit einem standardisierten Text.148 Trotzdem lag der Vorteil dieser Prozedur
vor allem bei der Kommune, die bei jedem Abtswechsel die Bürgerannahme von
neuen Konditionen abhängig machen konnte. Aus diesem Grund wurde nun auch
nicht mehr das Kloster, wie noch zur Zeit der Grafen von Freiburg, sondern ausdrücklich
der Abt stellvertretend für den Konvent ins Bürgerrecht aufgenommen, so
daß dieser in Urkunden oft als „unser burger" bezeichnet wird,149
Infolge des umfangreichen städtischen Besitzes Tennenbachs hatte die Stadt natürlich
auch großen Einfluß auf das Kloster, was im Breisgau bekannt war. Daher verwundert
es nicht, daß Breisach 1424 um Einflußnahme auf den Tennenbacher Abt
bat, um diesen zur Rücknahme einer Klage gegen einen Knecht zu bewegen.150
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