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Ansbach, des Bruders Herzog Albrechts, die Tradition vollständig abriß und erst im
Lauf des 19. Jahrhunderts das livländische Mittelalter sehr mühsam wiederentdeckt
werden mußte, als viele Zeugnisse schon verschwunden waren. Eine Monographie
über die Verehrung des hl. Mauritius in Alt-Livland wäre z.B. dringend nötig."
Daß der Anführer der Thebäischen Legion beim Deutschen Orden in Livland eine
Rolle gespielt haben muß, beweist schon das Kampfbanner der livländischen Ordens-
truppe, das in der Schlacht bei Nakel (polnische Benennung: Schlacht bei Dabki) am
13. September 1431 den Polen in die Hände fiel. Landmarschall Werner von Nesselrode
geriet mit in die Gefangenschaft. Die Abbildung des livländischen Deutschordensbanners
zeigt das schwarze Ordenskreuz auf weißem Schild, oben in die
äußere Ecke des Fahnentuchs gestellt, darunter mittlings die Gestalt des heiligen
Mauritius mit Herzogshut, Prachtharnisch, Fahnenlanze und links beigestelltem Ordensschild
. Der weiße Ordensmantel hängt ihm um die Schultern. Gesicht, Kräusel-
haar und Fäuste sind pechschwarz gehalten.19 Ein weiterer Beweis für die Verehrung
des Mauritius auch durch den Deutschen Orden ist das Vorkommen seines Bildes
1271 auf dem Amtssiegel des Komturs von Ascheraden in Livland.20 Nicht unbeachtet
sollte in diesem Zusammenhang jenes Wandbild aus dem Ende des 14. Jahrhunderts
in der Domkirche zu Königsberg bleiben, das unter anderen Geharnischten
einen Ritter mit einem Mohrenkopf als Helmzier zeigt.21
Genau dieses Mohrenhaupt (mit einer weißen, verknoteten Stirnbinde) erhoben die
sogenannten Schwarzenhäupter zum Kennzeichnen der Brüder und Wappen ihrer Vereinigung
. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts bestanden in Reval, Dorpat, Nowgorod,
Neu-Pernau und Narwa „Schwarzhäupter-Compagnien" in denen sich junge deutsche
Kaufleute zusammengeschlossen hatten. Sie pflegten enge Beziehungen zu norddeutschen
Städten und zur Hanse. In Riga läßt sich eine Gesellschaft der schwarzen
Häupter erst seit 1413 nachweisen. Sie unterhielt wohl neben dem Livlandhandel auch
Handelsbeziehungen zu Rußland und Litauen. Ihr großartiges Schwarzhäupterhaus
präsentierte einst auf den Beischlagsteinen die Bilder der Muttergottes (der Hauptpatronin
des livländischen Ordensstaates/des „Marienlandes", der seefahrenden Kaufleute
und der Großen Gilde in Riga) und des Hl. Mauritius, der als Beschützer der
Kriegführenden galt.22 „Als Sinnbild für den deutschen Kolonialismus muß Mauritius
bei Polen und Russen aber höchst unbeliebt gewesen sein. Deshalb ist es nicht
verwunderlich, daß aus polnischen und russischen Kerngebieten kein einziger Mauritius
erhalten ist, sondern daß die Beispiele aus Randzonen mit deutscher Herrschaft
stammen." (G. Suckale-Redlefsen)23
„Weißer" Mauritius und Deutschordensballei Elsaß-Burgund
Mauritius und seine Leidensgefährten zählten zwar zu den Heiligen, deren Fest (am
22. September) im Deutschen Orden gehalten wurde, doch vermerkt das Kalenda-
rium nicht, daß der Mauritiustag bei den Deutschherren allgemein ein besonders herausgehobenes
Ordensfest gewesen sei.24 Die Moricius-Darstellung der St. Albankapelle
entspricht in ihrer Eigenart auch nicht Bild Vorstellungen, die für den Deutschen
Orden allgemein typisch oder gültig waren. Das Oberschaffhausener Wandbild muß
also aus Gründen entstanden sein, die — ähnlich wie in Livland — in regionalen Zu-
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