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kreis des Hans Baidung Grien entstand, liegt vor dem knienden Heiligen die Fahnenlanze
auf dem Boden, zeigt ein rotes Balkenkreuz auf weißem Tuch und vier schwarze
Adler in den Kreuzwinkeln. Den gleichen Befund weisen Fahne und (etwas beschädigter
) Wappenschild der Mauritiusstatue als Hauptfigur der mittleren Nische des Altarschreins
auf.30 Es wird erkennbar, daß die schwarzen Vögel (Adler/Rabe?) als typische
Beizeichen zur Charakterisierung des Mauritiuswappens verwendet wurden.
Entsprechend ist der Lanzenwimpel der St. Albankapelle zu werten. Sind weiterfüh-
rende Überlegungen erlaubt? Ob die schwarzen Vögel unter Umständen auch als verschlüsselte
Sinnbilder für die afrikanische Herkunft der Thebäischen Legion gelten
dürfen? Oder ob möglicherweise die schwarzen Vögel dem Freiburger Deutschordenskomtur
als Anspielungen auf die Raben gefielen, die von der Freiburger
Münze als typisches Freiburger Prägesymbol (Rappen) benützt wurden? Solche Gedanken
müssen reine Spekulationen bleiben.
Unterschiedlich sind die Mauritiusdarstellungen der Deutschordenskirchen in Su-
miswald und Bötzingen-Oberschaffhausen noch in einer anderen Einzelheit. Im langen
Haar über dem Europäergesicht trägt der Sumiswalder Mauritius eine gedrehte
Stirnbinde, wie sie von Arabern über ihre Kopftücher gelegt werden. Einen ähnlichen
Kopfputz mit kunstvoll gedrehter Binde legte auch der „Erfurter Alabastermeister"
1467 der lebensgroßen Mauritiusfigur in der Ernstkapelle des Magdeburger Doms
um das Haupthaar. Zumal in der Mitte des 15. Jahrhunderts die Künstler sichtbar bemüht
waren, die Heiligen ins Ideale zu stilisieren, drängten sie realistische Elemente
wie im Fall des Mauritius etwa Hautfarbe, negroide Physiognomie und kleingekräuseltes
Haar zurück und gaben ihm eine allgemeine Gültigkeit und Schönheit. Im
Stirnband des Sumiswalder Beispiels erlaubte sich der Glasmaler lediglich noch
einen dezenten Hinweis auf die afrikanische Herkunft des Heiligen. Sehr selten ist,
daß Mauritius einen Helm trägt und dazu noch im Gesicht mit dem Kinnschutz der
Rüstung teilweise verdeckt und damit „entafrikanisiert" wird, wie dies der Wand™
maier in der St. Albankapelle um 1480 getan hat. Der Künstler griff hier zu einem
anderen Mittel, um den Mauritius als Thebäer zu charakterisieren. Er machte von
der seit dem 15, Jahrhundert feststellbaren Möglichkeit Gebrauch, den lateinischen
Namen Mauritius in „s. moricius" umzuändern (vgl. Halberstädter Ofenkachel ca.
1460 im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg). Diese Verschiebung der
Namensschreibweise „zum Wort Mohr hin", sei für den Betrachter ein Hinweis auf
die afrikanische Herkunft des Heiligen gewesen.31
Mauritius als Symbol der Freiburger Deutschordenskommende?
Aus allem ergibt sich kein klarer Hinweis, warum die Deutschordenskommende Freiburg
gerade den Mauritius als Sinnbild für Besitz und Rechte so dominierend im Kirchenraum
der St. Albankapelle dargestellt haben soll. Die entsprechende Aussage
muß Vermutung bleiben. Zumal er kein „Pestheiliger" ist, fallt „s. moricius" nicht
in den Zusammenhang der an den Langhauswänden szenenreich ausgebreiteten
St. Alban- und St. Sebastianslegenden. Daß er als Schutzpatron der Ritter galt, die
in den Kampf hinausziehen (vgl. Kaiser Heinrich II.), gesellt den heiligen Thebäeran-
führer ganz allgemein zu den von Rittern verehrten Heiligen. Es Mit auf, daß der
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