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Nachfolger, Josef Thaddäus Kornritter, wegen der Schulaufsicht, obgleich sich dieser
von Beginn seiner Tätigkeit in Kenzingen an nachdrücklich um ein gutes Einvernehmen
mit dem Pfarrer bemühte. So hatte er ihn bei der Geburt seines Töchterchens
gebeten, zusammen mit der Äbtissin von Wonnental die Patenschaft zu übernehmen,
und noch nach dem Streit nahm er während mehreren Tagen an einer Mission in
Oberhausen teil.52 Aus den Eintragungen Weltins geht hervor, daß er die Einstellung
eines Lehrers als Angelegenheit der Ortsvorsteher und des Pfarrers ansieht, daß laut
Konkordat von 1629 vor allem „dem Pfarrer kein Schulmeister mit Gewalt könne aufgedrungen
werden."53 Der Amtmann gesteht den Ortsbehörden nur das Vorschlagsrecht
zu und betrachtet die Einstellung und Entlassung des Lehrers „ohne Vorwissen
der Beamten" als „unbesonnene Verachtung der Subordination".54 Überdies ist er
der Uberzeugung, daß die Ober- und Niederhausener „meistens mit sehr schlechten
Schulmeistern" vorlieb nehmen müssen, da die guten bestrebt seien, sich von des
Pfiarrers „angewohnt passionierten Gemüt wieder förderlich loszumachen."55 Die
Spannung entlädt sich im Fall des aus Waldkirch stammenden Lehrers EM., den
Vögte und Pfarrer gegen den Willen des Amtmannes wegen angeblicher Untauglich-
keit entlassen wollen. Der Bericht des letzteren darüber an seine Regierung umfaßt
ein ganzes Kapitel Schulgeschichte und vermittelt Einblicke in Ausbildung und Arbeitsbedingungen
der Lehrer, die wir trotz ihrer Farbigkeit hier nicht wiedergeben
können. Herausgegriffen sei ein einziges Geschehnis: als der Amtmann sich im
Februar 1756 in Oberhausen aufhielt, um die Gemeinderechnungen „abzuhören" (zu
überprüfen), teilte er Weltin sein Vorhaben mit, in dessen Begleitung „nach vörderst
angehörter Heiliger Messe die Schule zu besuchen nach Vorschrift landesfürstlicher
Mandate " Doch dieser, bevor er zum Altar ging, trug den von ihm angestellten und
als Mesner tätigen zwei jungen Hilfslehrern auf, in die Schule zu eilen, allen Kindern
schulfrei zu geben und sie sofort nach Hause zu schicken.56
Vor einem solch ausgeprägten Durchsetzungsvermögen gab schließlich sogar die
Herrschaft nach. Einige Zeit später wurde die Lehrerstelle dem vom Pfarrer favorisierten
„allhiesigen Bürgerskind" A. M. gegeben, der bisherige Lehrer wurde, auf
Drängen des Amtmanns, als Gemeindeschreiber beschäftigt und war somit weiterhin
versorgt.57
Ein drittes Beispiel, dieses Mal aus der Zeit des Amtmanns Franz Ignatius Bauer
von Ehrenfeld, mag abschließend belegen, mit welch leidenschaftlichem Zorn Weltin
Jurisdiktion und Immunität der Kirche gegen die österreichischen Beamten verteidigen
zu müssen glaubte, Er hatte dem Stubenwirt auf dessen Bitte hin Tanzerlaubnis
bis sechs Uhr abends gegeben, worauf dieser vom Amtmann mit zwei Kronen Strafe
belegt wurde, da er „den Pfarrer, als welchen das Tanzen gar nichts angehe, gefragt
habe. Was tat ich?", fährt Weltin fort. „In der nächsten Christenlehre habe ich den
ledigen Leuten beiderlei Geschlechts mit aller Schärfe angekündigt, daß, wo einer
oder eine sich unterstehen würde, an einem Sonntag im öffentlichen Wirtshaus zu tanzen
, ich deren Namen in ein ordentliches Register einschreiben werde und, wann sie
heut oder morgen zu heiraten gedächten, sie vorläufig ein Vierteljahr lang alle
Wochen drei Mal im Pfarrhof erscheinen, sich aus der Christenlehre examinieren lassen
und endlich am Tag, wo sie die Sponsalia halten, drei Pfund Wachs zur verdienten
Strafe in Pfarrhof bringen oder im Verweigerungsfalle gar an keine Hochzeit geden-
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