http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1990/0135
War sie nun eine „gescheide Frau", wie der Abt von St. Märgen nach ihrer Wahl
vermutete? Dafür spricht einmal die erwiesene Tüchtigkeit in wirtschaftlichen Dingen
, Auch ihr Urteil über Kaiser Joseph IL zeigt, daß sie ihre Zeit mit Interesse verfolgt
haben muß und ein unbefangenes Urteil abgeben konnte. Ihre Unabhängigkeit
von manchen Vorurteilen erwies sich besonders in ihrem Verhalten gegenüber den
Wiedertäufern. Anläßlich ihrer Befragung wegen des Austritts aus dem Kloster hat
sie die Umstände, die zwingend zur Auflösung des Konvents führen mußten, klar
zum Ausdruck gebracht. Mit Nachdruck hat sie sich für eine gerechte Bemessung der
Pensionen ihrer Mitschwestern eingesetzt. Man wird daher die aufgeworfene Frage
uneingeschränkt bejahen können. Wenn sie in dem oben zitierten Brief bemerkt, sie
könne unglücklich und vertrieben leben, wolle aber nicht entehrt sterben, so zeigt sie
sich mit dieser Aussage als Persönlichkeit, der Ehre und Anstand etwas bedeuteten.
Der Zweifel der badischen Verwaltung an ihren Angaben über den Verbleib des Klosterguts
berührt eigenartig und wird ihrer Person nicht gerecht. M. Franziska von
*« _
Thum und Valsassina, die letzte Äbtissin von Günterstal, war in der Ikt eine eigenständige
Persönlichkeit, die dem Kloster in schwerster Zeit bis zur Auflösung des
Konvents mit Menschlichkeit und Würde vorstand.
Anmerkungen
* Der Beitrag ist Fortsetzung und Schluß des Aufsatzes, den der Verfasser im letzten Band dieser Zs.
veröffentlichte: E. Dreher, Das Kloster Günterstal. Von der Wahl der letzten Äbtissin (1770) bis zur
Französischen Revolution (1789), in; ZBreisgGV 108, 1989, S. 169-194.
1 H. Peter, Klosterkirche Rheinau, 1960; Leben des heiligen Findan von 846—878, in: R G. Mone,
Quellensammlung der badischen Landesgeschichte Bd. 1, 1848, S. 54ff.
2 L. A. Ricker, Freiburg. Aus der Geschichte einer Stadt, 1964, S. 98ff.
3 Liber Baptizatorum et Confirmatorum nec non Nuptiarum prout etiam in Domino Defunctorum in
Exempta Ecclesia Praenobilis Monasterii Günterstal Ord. Cisterc., S. 162.Das Buch wurde vom Verfasser
als Pfarrbuch in seinem Beitrag „Kirche, Kloster und Kapellen in Günterstar', in: ZBreisGV
106, 1987, S. 31 68, hier S. 65 Anm. 1, beschrieben. Nachdem die frühere feste Umhüllung wegen
Beschädigung beseitigt wurde, zeigte der Einband die obige Beschriftung, nach welcher in Zukunft
zitiert wird. Auch die erst nachträglich angebrachte (Bleistift-)Paginierung wird der Einfachheit halber
hier verwendet.
* GLA 229/36765.
5 EAF, Fasz. 7.43: Auflösung des Frauenstifts Günterstal (1806—1832); Protokoll vom 13. 9.1806.
6 GLA 229/36765.
7 Ebd. Verzeichnis vom 1. 3.1797.
8 Ebd. „Gewißenhaftes Verzeichniß" ohne Datum.
^ Liber Baptizatorum (wie Anm. 3) S. 164.
10 Ebd. S. 55.
n UBF, M 7944 k.
12 Liber Baptizatorum (wie Anm. 3) S. 56/57.
13 GLA 229/36745; dort finden sich auch die weiteren Schriftstücke in dieser Angelegenheit.
14 GLA 79/2752; dort alles weitere zu den Vorgängen von 1799.
15 Zur Täufergemeinde in Hochburg vgl. E. Göhiein, Der Breisgau unter Maria Theresia und Joseph
IL, in: Neujahrsblätter der Bad. Hist. Kommission, 1907, S.lll. — Unrichtigerweise soll neben der
Äbtissin auch der Konvenl von Günterstal an einer Versammlung der Wiedertäufer, „wenn auch wohl
nur aus Neugier" teilgenommen haben.
Die Familie Joseph Rotz-Rychen in Burgfelden/Schweiz besitzt Originalunterlagen einer „Gemeinde
Ordnung um 1790" für die Gemeinde Hochburg, die 1980 für den Prediger F. Esau, Emmendingen,
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