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sehen.271 Ein markantes Beispiel für solche Verhältnisse in Italien bietet die Torre
civica der Stadt Pavia (Abb. 12).272 Sie stand damals in unmittelbarem baulichen
Zusammenhang mit der als Kathedrale verwendeten Doppelkirche S. Sirio und diente
in erster Linie dieser als Campanile. Im Laufe der Zeit ging aber der säkularisierte
Turm völlig von der Domkirche in den Besitz der Stadt über und wurde von ihr als
Gerichtssitz, Rathaus, Wachtturm, Arsenal und Archiv benutzt.273 Wir verzichten
auf die Behandlung weiterer ähnlich liegender italienischer Beispiele, werfen dafür
einen kurzen Blick auf Frankreich und die Niederlande, wo entsprechende Verhältnisse
erkennbar werden. Beispielsweise blieb in St. Omer, einem der wichtigsten
Handelsplätze Flanderns und im 11. und 12. Jahrhundert bedeutender Hafen für den
Handel mit England, der Turm der Stadtkirche dauernd zugleich Glockenturm für
die Bürgergemeinde.274 In Nordfrankreich und den Niederlanden gab es eine ganze
Reihe von Städten, in denen die Verhältnisse nicht anders lagen.275 Auch in vielen
Städten Deutschlands war gleiches der Fall.276
Es wird also deutlich, daß es im Westen offenbar zahlreiche Städte gab, in denen
die Benutzung der kirchlichen Glocken mit der Bürgergemeinde einvernehmlich ge-
Abb. 12 Pavia, Torre comunale, ursprünglich Campanile der Doppel Kathedralkirche S. Sirio (14. Jh.).
(Die Zähringer, Teil III, Taf. 5 Abb. 5 a)
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