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nen der Bahnhof und die Festhalle im Stadtgarten erbaut. Es ist nicht auszuschließen,
daß Vollweider etwa durch Kontakte des evangelischen Eichstetter Pfarrers bei dessen
Freiburger Amtskollegen J. F. Eisenlohr, dem Vater des Architekten, Gelegenheit erhielt
, sich bei dem Bauschullehrer vorzustellen und von letzterem gar der Anstoß ausging
, Vollweider nach Karlsruhe in die Ausbildung zu geben. Möglicherweise kommt
auch der Eisenlohr-Schüler Georg Jakob Schneider (1809—1883) als Mittler in Betracht
; dieser, wie Vollweider ein gebürtiger Eichstetter, war von 1842—1877 als Lehrer
an der Freiburger Gewerbeschule tätig.10
Vollweider beendete nach zwei Jahren seine Lehrzeit in der Steindruckerei und trat
ab 1850 in ein Schülerverhältnis zu Friedrich Eisenlohr. Dies erfolgte offenbar nicht
im Rahmen des regulären Unterrichts an der Polytechnischen Schule, da die wirtschaftlichen
Verhältnisse Vollweiders und vielleicht auch noch weitere Hindernisse
dem im Wege standen. Von den sehr kargen Lebensumständen des Eichstetter Lithographenlehrlings
erfahren wir durch Hans Thoma; im Mai 1864 tröstete dieser sich
in einem Brief an die Schwester Agathe über die eigenen finanziellen Nöte: „Der jetzige
Inspektor an der Kunstschule [= Vollweider] ... hat vor 10 Jahren oft wochenlang
abends nur ein Weckle für 1 Kr. gehabt. Auch Schirmer hat schlechte Zeiten
durchgemacht in seiner Jugend .. "n Vollweider war demnach in seinen Lehrjahren
gehalten, zum eigenen Lebensunterhalt beizutragen bzw. gar sich selbst zu versorgen
. Nach einer wenig ausführlichen, aber auf Vollweiders eigenen Angaben beruhenden
Quelle wurde er „von dem Architekten Eisenlohr beschäftigt und im
architektonischen und Ornamenten-Zeichnen, in der Perspektive etc. unterrichtet".12
Aus dieser Zeit sind einige Studienblätter Vollweiders im Freiburger Augustinermuseum
vorhanden, darunter eine Bleistiftzeichnung von Ornamentbändern mit der Datierung
„Vollweider 50", ein ornamental umgesetzter Drachenkampf, bezeichnet „J. J.
Vollweider, Karlsruhe im Mai 1850" sowie eine HL Margarethe mit Wappenschild,
bezeichnet „Die Ornamentik des Mittelalters nach Heideloff, Karlsruhe im April
1851, J. J. Vollweider".
Friedrich Eisenlohr, neben Heinrich Hübsch der bedeutendste badische Architekt
der auf Weinbrenner folgenden Generation, plante in jenen Jahren die Herausgabe
verschiedener Architekturpublikationen, und es ist denkbar, daß er sich in Vollweider
einen der Lithographie kundigen Mitarbeiter heranzuziehen gedachte, der nach einiger
Unterweisung im Baufach in der Lage sein mußte, Architekturzeichnungen auf
den Stein zu übertragen. Denn mangelnde Vertrautheit mit dem darzustellenden Gegenstand
seitens der Stecher und Lithographen barg stets die Gefahr einer unbefriedigenden
Abbildungsqualität. Eisenlohr, ein hervorragender Zeichner,13 besaß übrigens
selbst praktische Erfahrung im Lithographieren.14 1853 erschienen im
Karlsruher Verlag von I. Veith die ersten Lieferungen der Eisenlohrschen „Holzbauten
des Schwarzwaldes" sowie „Mittelalterliche Bauwerke im südwestlichen
Deutschland und am Rhein".15 Beide Foliowerke waren als Sammlungen von Bauaufnahmen
unter Beigabe eines erläuternden Textes angelegt und sollten die Kenntnis
einheimischer Architektur des Mittelalters verbreiten helfen bzw. das Interesse an der
landschaftsspezifischen Holzbauweise fördern. Diese sowohl der höheren Baukunst
als auch dem volkstümlichen Bauen gewidmeten Unternehmungen sind im Kontext
der zeitgenössischen Stildiskussion zu sehen, wobei gerade auch die Auseinanderset-
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