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buch von 1912 namentlich ausgewiesen und schnappten sich gegenseitig die Kunden
weg. Im Jahre 1863 wurde die erste Freiburger Mineralwasserfabrik, in anderen südwestdeutschen
Städten mehr das bevorzugte Nebengewerbe von Conditoren, vom
Hofapotheker Cucuel gegründet. Lukrativ war das Mineralwassei^eschäft für ihn
zwar in den Anfangsjahrzehnten, zwischen 1877 und 1899 aber hat sich das Gewerbesteuerkapital
der Firma Cucuel fast halbiert (von 11 655 M auf 6 500 M). Die harte
Konkurrenz anderer gewissermaßen akademisch betriebener Mineralwasserfabriken
— wie beispielsweise der von Dr. Schneider — hatte wohl diesen Umsatzrückgang
bewirkt.
Der Industrialisierungsprozeß in Freiburg während des 19. und bis Anfang des
20. Jahrhunderts, eingebunden in den Prozeß des technischen Fortschritts und in etwa
parallel mit dem gleichzeitigen Einwohnerwachstum verlaufend,35 wurde von wenigen
sog. Großbetrieben (solche mit 50 und mehr Beschäftigten) und einer größeren,
sich ständig vermehrenden Anzahl gewerblicher Mittelbetriebe getragen. Nur 9 industrielle
Unternehmen (ohne Baugeschäfte, doch mit der Herderschen Verlagsbuchhandlung
) ab 50 und mehr Beschäftigte ließen sich für 1869 erfassen (Tabelle 1), 27
waren es im Jahre 1907. Eigentliche Großbetriebe mit mehr als 100 Beschäftigten
Tabelle 2: Freiburgs Gewerbe- und Handelsbetriebe 1882—190736
Jahr
Kleinbetriebe
Mittelbetriebe
Großbetriebe
bis 5 Arbeiter
6—50 Arbeiter
ab 51 Arbeiter
1882
2 730 94,2 %
153 5,3 %
13 0,5 %
1895
3 335 86,6 %
478 12,4 %
37 1,0%
1907
3 937 83,0%
742 15,7%
62 1,3 %
stellten 1895 nur die Knopffabrik Risler & Cie, die Zinkornamentenfabrik Beierle
(Vorfirma von Südstahl), die Fournierfabrik, eine Möbelfabrik, Kuenzer & Cie, die
beiden Seidenfabriken von Mez, die Schokoladenfabrik Merck & Arens und die Her-
dersche Buchdruckerei und Verlagsbuchhandlung dar. Vorreiter des Wachstums war
die Verbrauchsgüterindustrie. Sie bestimmte seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
auch vorrangig das Gesicht der Freiburger Industriestruktur. Die Knopffabrik
Risler & Cie scherte insofern aus dem üblichen Rahmen der auf den heimischen
Markt orientierten Fabriken aus, als ihre Absatzstrategie von Anbeginn auf den gesamten
Markt des Zollvereins und auf den Export nach Belgien, Holland, England,
Amerika und in die Schweiz gerichtet war.37 Auch wenn der Umsatz der verkauften
teuren Porzellanknöpfe (1858 Umsatz: über 150000 M) immer wieder konjunkturellen
Schwankungen unterlag, so gewährleistete doch dem Unternehmen seine Monopolstellung
in Deutschland über Jahrzehnte eine gute Rentabilitätsgrundlage. Spätestens
seit den 1880er Jahren — 1889 erhielt Risler auf der Weltausstellung in
Melbourne noch einen zweiten Preis — zeichnete sich aber ein Wandel in der Knopfmode
ab und wurden auf den Märkten lieber billige modische Knöpfe gekauft, ohne
daß das Unternehmen entsprechend darauf reagierte. Der Umsatzrückgang schlug
sich in einer Schrumpfung des Gewerbesteuerkapitals um ca. 55 % von 1877 bis 1901
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