Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 174
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0176
den-, Rentner-, Universitäts-, Beamten- und Garnisonsstadt entwickelt. Freiburg sei
mit der Fremden- und Rentnerpolitik nicht schlecht gefahren, was sich im gewaltigen
Wachstum des Steuervermögens zeigte. Das Liegenschaftsvermögen (Grund- und
Häuserkapital) hatte sich von 1877 (13,8 Mio. M) bis 1911 (385 Mio M) um knapp
das 28fache vermehrt, das Gewerbesteuerkapital dagegen von 1877 (20,6 Mio. M) bis
1901 (40 Mio. M) kaum verdoppelt und dann bis 1911 (107 Mio. M) insgesamt nur
verfünffacht. Freiburg wurde nicht von der Industrialisierung, sondern von Bauwellen
überrollt. Vermögende Zuwanderer, Rentiers, Bauunternehmer, Kaufleute, Bankiers
, Baustoffhändler, Anwälte und ihre reichen Klienten setzten den Bauboom in
Gang, machten einträgliche Geschäfte, erhöhten die Grundstückspreise und damit die
Bodenrenten. Bis 1912 waren die Grundstückspreise auf 10—12 M/qm angezogen. Bei
der Industrie, der der Grund und Boden in Freiburg, die dortigen Lebenshaltungskosten
und Arbeitslöhne zu teuer geworden waren, zeigte sich mit dem Vordringen
der Elektrizität die Tendenz, den Firmensitz auf das Land zu verlegen. In ihrer großen
Mehrzahl waren die Freiburger Fabrikanten Mittelständler mit engem Finanzspielraum
, um 1900 mit Einkommen unter 10000 M veranlagt. Uhrenfabrikant Alfons
Hummel kam auf 2 300 M, Chemiefabrikant Huetlin auf 4 300 M, und die Schokoladenfabrikanten
Karl und Otto Arens bezifferten ihr Einkommen auf je 5200 M.

Typisch für Freiburgs Beschäftigungsstruktur war, daß sich ihr Schwerpunkt seit
dem ausgehenden 19. Jahrhundert im Bau- und Handelsgewerbe sowie in der Gastronomie
und im Bekleidungsgewerbe konzentrierte, im Jahre 1907 insgesamt über
51 %.72 Baugeschäfte und Bankiers bzw. Banken wurden schon 1877 (neben Herder
und Mez) mit dem höchsten Gewerbesteuerkapital veranlagt,73 die Rheinische Cre-
ditbank-Filiale mit 375 770 M, die Privatbankiers Hermann und Eugen Krebs74 mit
259 200 M, der Bankier Christian Mez75 mit 282 000 M. Führend im Baugewerbe
waren damals die Rheinische Baugesellschaft (Gewerbesteuerkapital: 169 710 M) und
die Hegners (103 540 M). Im Eisenbetonbau errang die 1872 gegründete Zementwarenfabrik
Brenzinger & Cie. eine führende Stellung.76 Julius Brenzinger hat das
Unternehmen (Gewerbesteuerkapital 1877: 27 425 M) aus kleinsten Anfangen durch
überdurchschnittliches Wachstum zu bemerkenswerter Größe gebracht (Gewerbesteuerkapital
1899: 97 000 M). Die Freiburger Gewerbebank war eine Handwerkerkreditkasse
, die nach ihrer Gründung im Jahre 1867 363 Mitglieder zählte und ein
Vermögen von 91 283 fl besaß. Ursprünglich sollte die Kreditkasse auf Aktienbasis
gegründet werden, wie aus dem Aufruf zur Zeichnung von Aktien hervorgeht, der
u. a. vom Staatswirtschaftler Prof. Dr. Knies, von Carl Mez und Christian Mez unterzeichnet
war.77

Zum Problem des Arbeitermangels gesellte sich in Freiburg das der Arbeitskosten.
Das allerorten zu beobachtende Bestreben von Verbrauchsgüterindustrien, die Arbeitskosten
durch Vermehrung schlechtbezahlter Frauenarbeit und durch Beschäftigung
Jugendlicher zu senken, führte in Freiburg auf die Dauer kaum zum Erfolg, obwohl
die Löhne seit den 1870er Jahren sukzessive real erhöht wurden. In Freiburg
hielt sich die Zahl der gewerbstätigen Frauen gegenüber anderen Städten auf relativ
niedrigem Niveau. Auch der Heimarbeit kam hier keine Bedeutung zu.78 Die wiederholten
Klagen der Handelskammerberichte über den Mangel an weiblichen Arbeitskräften
waren berechtigt.

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