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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 219
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anzusehen". Nun aber habe die „nationale Revolution" der Jugend, „soweit sie unverdorben
war" ein Ideal gegeben, „für das zu leben sich lohnt: Hingabe an Volk und
Vaterland". Das „ Auchnational" sei zuwenig für einen jungen Menschen, der „mit
ganzer Seele dem Vaterland zur Verfugung stehen" wolle. Und schließlich hegte man
die Hoffnung, durch die Zustimmung zu den nationalsozialistischen Verbänden dort
auch zu Einfluß zu gelangen. Maurer schloß seine Ausführungen zu diesem Thema
mit einem flammenden Aufruf: „Darum trete die evangelische Jugendarbeit von ganzem
Herzen ein für die Nationalisierung der Jugend, aber der nationale Staat gebe
auch der kirchlichen Arbeit Raum, jedem jungen Menschen den Halt des Glaubens
und die Durchdringung mit den Lebenskräften des Evangeliums angedeihen zu lassen
". Die kirchlichen Kreise waren darum bestrebt, sich ihre Einflußmöglichkeiten
zu bewahren und innerhalb der vorhandenen Strukturen alles zu versuchen, um ihre
Botschaft an die Menschen heranzubringen. Selbst in der Hitlerjugend wollten einige
Gruppenstunden mit religiösem Inhalt anbieten.19

Auch auf anderen Ebenen wurde kirchliche Arbeit mit und in den nationalsozialistischen
Organisationen versucht. Im Dezember 1933 hielten die Vikare Martin Huss
und Herbert Wettmann einen Gottesdienst für die SA und die SS in der Christuskirche
. Pfarrer Eiermann feierte zusammen mit der N. S. Wohlfahrt im Landesgeföngnis
eine Andacht zur Bescherung am 24, Dezember 1933. Niemand wollte hinter den katholischen
Geistlichen zurückstehen, die in den Parteiversammlungen vertreten seien
und besonders in der SA sei „kirchl. Einfluß notwendig und erwünscht".20 Das
Winterhilfswerk wurde weitgehend den Parteiverbänden überlassen, die es ohnehin
schon an sich gerissen hatten.21

Erste Risse wurden spürbar. Die Zurückhaltung einiger gegenüber dem Reichskirchenregiment
und der Reichsregierung wurden immer mehr zur Ablehnung. Hauptlehrer
Fritz hatte im Kirchengemeinderat den Antrag gestellt, daß im Kirchengebet
des Landes- und des Reichsbischofs sowie des Reichspräsidenten und des Reichskanzlers
gedacht werden solle. Dieser Antrag wurde auf Wunsch von Pfarrer Daiber
dahingehend abgeschwächt, daß dabei keine Namensnennung erforderlich sei, denn
sonst seien „Gewissenskonflikte" zu befürchten.22

Am 25. Januar 1934 ordnete der Landesbischof auf Anregung von Reichsbischof
Ludwig Müller einen Dankgottesdienst zum Jahrestag der Machtübernahme an. Für
das Hauptgebet wurde dazu folgender Einschub vorgeschrieben: „Allmächtiger Gott,
wir danken dir, daß du in Gnaden unser deutsches Volk vor dem völligen Zerfall und
vor dem Untergang bewahrt hast. Wir befehlen deinem Schutz und Schirm den
Reichspräsidenten und den Kanzler, den deine Vorsehung uns zum Retter und Führer
ausersehen hat. Wie im verflossenen Jahr, so rüste ihn auch ferner aus mit deiner
Kraft aus der Höhe. Hilf ihm, die Bürde der Verantwortung im Regimente zu tragen
und lege deinen Segen auf das schwere Werk der Wiederaufrichtung unseres Vaterlandes
zum Wohl des ganzen Volkes und zur Ehre deines Namens".23

Dieser Dankgottesdienst fand in der Ludwigskirche statt. Das zitierte Gebet läßt
ahnen, welche Hoffnungen und Erwartungen vielfach mit Hitler verbunden wurden.
Hitlers eigenes Bewußtsein als Werkzeug der Vorsehung24 wurde offensichtlich teilweise
kritiklos übernommen. Es fällt auf, daß gerade in kirchlichen Kreisen viele geprägte
Sprachwendungen des religiösen Bereiches auf den Staat, auf das Volk und auf

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