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Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 220
(PDF, 38 MB)
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den Führer bezogen wurden. „Von ganzem Herzen und mit ganzer Seele" wollte man
dem Staate dienen, dessen Führer „im Regiment" sitzt. Nicht alle jedoch stimmten
vorbehaltlos in den verordneten Dank ein und beteiligten sich an dieser Huldigung
für das Regime. Pfarrer Weber legte auf den Zeitpunkt des Dankgottesdienstes anläßlich
der Machtergreifung eine Besprechung zur kirchlichen Lage.25 Damit waren
zumindest die Gemeindeglieder der Christusgemeinde vor die Entscheidung gestellt,
ob sie zum Dankgottesdienst der Gesamtkirchengemeinde gehen wollten oder zu
einer Versammlung, die offensichtlich nicht so unbefangen mitjubeln konnte und
wollte.

Für den Jahrestag der Machtübernahme war 1934 auch eine Beflaggung sämtlicher
Kirchen und kirchlichen Gebäude mit Kirchenfahne und Nationalflagge angeordnet
worden. Manche Gemeinde war damit zu diesem Zeitpunkt überfordert, da sie nicht
über die entsprechenden Fahnen verfügte. Pfarrer Daiber von der Friedensgemeinde
bat den Kirchengemeinderat um Beschaffung von Reichsfahnen, denn er wollte nicht
mehr „von auswärts wohnenden Leuten belästigt werden, die im Hissen der Kirchen-
flagge ohne Reichsfahne eine Bekundung lesen, daß die Kirche nicht volksverbunden
sei4'.26

Mit der Aufforderung, die kirchlichen Gebäude auch mit der Reichsfahne zu beflaggen
, war der Konflikt in jedes Pfarrhaus getragen. Immerhin kam diese Anordnung
in Baden zu diesem Zeitpunkt noch von der eigenen Kirchenleitung, während
die Pfarrer der Altpreußischen Union bereits im Juli 1933 von staatlicher Seite gezwungen
wurden.27 An der Beflaggungsfrage zeigte sich für alle sichtbar, wes Geistes
Kind der jeweilige Hausherr war und in welche Richtung die dazugehörige Gemeinde
tendierte. Ob man überhaupt flaggte oder nicht, die Art und Weise, wie man
die Fahnen anbrachte, all dies war aufschlußreich. Der Pfarrer vom Kaiserstuhl, der
die Kirchenfahne in Richtung Dorf, die Hakenkreuzflagge in Richtung Friedhof zu
plazieren pflegte, hat seiner Beflaggung damit sicherlich einen besonderen Akzent
verliehen.28 In Freiburg mahnte Kirchenrat Schäfer von der Melanchthongemeinde
die vom Innenministerium verordnete Beflaggung anläßlich der Olympiade 1936 bei
seinen Amtsbrüdern an, die diese Aufforderung nicht beachtet hatten.39 Daraufhin
wehrte sich Pfarrer Weber in einem Brief gegen die „ausgesprochen staatskirchlichen
Verordnungen der Deutschen Evang. Kirche, die immer deutlicher unsere Kirche
evangeliumsfremden Mächten und Gewalten" unterstellen würden. Er verweigerte
die Beflaggung des Kirchengebäudes und wies darauf hin, daß er am Haus „entgegen
unserer sonstigen Gewohnheit aus Trauergründen nicht geflaggt" habe. Die Kirche,
repräsentiert auch durch das Gotteshaus, mochte er unter allen Umständen freihalten
von staatlichen Eingriffen. Er berief sich dabei auf seine Verantwortung vor Gott;30
„Unser Dienst steht in einem unausweichlichen und gefährlichen Entweder-Oder und
ich möchte lieber vor dem, der uns das Evangelium verantwortlich auferlegt hat, als
vor dem Urteil der Menschen bestehen können." Diese entschlossene Weitsicht hatten
nicht alle. Viele haben sicherlich auch aus Bequemlichkeit geflaggt, ohne tiefer darüber
nachzudenken oder der Sache grundsätzliche Bedeutung beizumessen.

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