Universitätsbibliothek Freiburg i. Br., H 465,da
Schau-ins-Land: Jahresheft des Breisgau-Geschichtsvereins Schauinsland
110.1991
Seite: 272
(PDF, 38 MB)
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/schauinsland1991/0274
materials" weist daraufhin, daß es der Autorin um weit mehr als das Lebensbild des Johann
Simler geht. Sie nutzt vielmehr die klassische Darstellungsform der Biographie, um uns in
viele verschiedene Bereiche der Verfassungs- und Sozialgeschichte Freiburgs in der frühen
Neuzeit einzuführen. In der Tat gelingt es der Autorin, mit der Lebensgeschichte des Johann
Simler ein „ferbiges Bild" von der „aufsteigenden Handwerkerschaft" (S. 13) im Freiburg des
17. Jahrhunderts zu geben. — Simler wird 1599 als Sohn eines Kupferschmieds in Waldkirch
geboren. Mit dem Zuzug in die Wiehre um 1619/20 beginnt auch sein sozialer Aufstieg. Er
wird als Zünftiger genannt, betreibt eine Kupferschmiede und wird schon in jungen Jahren
einer der neun Richter von Adelhausen und der Wiehre. 1630 wählt man ihn zum Vogt der
Wiehre. Nach dem Tod seiner ersten Frau kauft Simler 1631 ein Haus in der Schneckenvorstadt
mit Schmied Werkstatt und heiratet 1634 ein zweites Mal. Simler ist zu einem angesehenen
Bürger geworden, dem man immer mehr Ämter anvertraut. So wird er Zunftmeister und
Pfleger des Armenspitals (1634—1643), und ab 1643 gehört er dem Rat der Stadt an, was
für ihn eine regelrechte Ämterhäufung mit sich brachte. Von 1667 bis zu seinem Tode ist er
eines der drei Häupter der Stadt Freiburg, die jährlich abwechselnd das Amt eines Obristen-
meisters, eines Statthalters des Schultheißenamts und eines Statthalters des Bürgermeisteramts
ausüben. Als Simler 1675 ohne direkte Nachkommen stirbt, ist er einer der angesehensten
Bürger Freiburgs.

Die Autorin hat es ausgezeichnet verstanden, anhand der einzelnen Lebensstationen eines
Freiburger Bürgers Bereiche des Alltagslebens — die Alltagsgeschichte — einer Stadt aufzuzeigen
. Simlers Person bot sich für diese biographisch erweiterte Sozialgeschichte geradezu
an. Er repräsentiert nicht nur die Handwerkerschicht, wie seine ersten Arbeitsjahre in der
Wiehre zeigen, sondern durch seine spätere Tätigkeit im Rat der Stadt erfahren wir sehr viel
über die Verwaltung und Ämter, aber auch über die Aufgaben und die soziale Stellung der
Ratsmitglieder jener Zeit. Eines der ersten Ämter Simlers war das des Zunftmeisters der
Schmiede (1635). Hieran anknüpfend schildert die Autorin die verschiedenen Berufszweige
und das Ansehen dieser Zunft, deren Aufgaben, Pflichten sowie die innere Ordnung. Der
Zunf tmeister hatte die Aufsicht darüber, daß die festgesetzten Löhne gezahlt, die vorgeschrie-
bene Qualität der Erzeugnisse eingehalten und Ubergriffe in die Berechtigungen verwandter
Handwerkszweige verhindert wurden. Als Simler 1643 Ratsmitglied wurde, übte er bereits
sieben verschiedene Ämter aus. Als Rebleutobmann vertrat er deren Interessen 24 Jahre lang
im Schiedsgericht. In seiner Funktion als Brotschauer — heute würde dieses Amt wohl zur
Gewerbeaufsicht gehören — hatte er das Brot auf Gewicht, Qualität und Frische zu prüfen.
Aber auch der private Bereich Simlers erlaubt etliche Exkurse in die Alltagsgeschichte. Die
drei Ehen des Johann Simler geben Aufschluß über ein durchaus häufig vorkommendes Heiratsverhalten
. Seine erste Frau war die Witwe eines Kupferschmieds. 13 Jahre älter als er
brachte sie vier Kinder mit in die Ehe. Mit dieser Heirat konnte sich Simler aber bei der Zunft
um die Hand Werksgerechtigkeit des Verstorbenen bewerben; für ihn die einfachste Möglichkeit
, sich selbständig zu machen. Nicht immer waren die Heiratsmotive so eindeutig. Simlers
zweite Frau war noch wesentlich älter als er (22 Jahre!), aber sie kannten sich schon über viele
Jahre, da Simler die Vormundschaft über ihre acht Kinder hatte. Ähnlich war es bei seiner
dritten Frau, beide kannten sich inzwischen 35 Jahre und für seine Braut war dies bereits die
vierte Ehe. 1640 kauft Simler das in der Löwenstraße 8 gelegene Haus „Zur Festung". Aus
den Inventaren verschiedener Jahre und anderen Quellen entsteht ein anschauliches Bild der
Wohn- und Lebensverhältnisse. Die Bauweise und Einrichtung dieses Hauses konnte die
Autorin bis in Details hinein genau bestimmen. Der wichtigen Frage der Abwasserbeseitigung
und dem damit zusammenhängenden Problem der Seuchengefahr, vor allem aber der Trinkwasserzufuhr
wird besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Mögen mit Frau Huggles Ausführungen
die Spekulationen um die Freiburger Bächle und ihre angebliche Funktion als „Ab-

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