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wässerkanäle" nun endlich ein Ende finden! — Mit ihrer Quellenstudie kann die Verfasserin
auch zeigen, daß es möglich ist, mit dem Material des Freiburger Stadtarchivs „nicht nur
Familienstammbäume zu rekonstruieren, sondern auch Rekonstruktionen des Lebens von Einzelpersonen
und Familien zu vollziehen" (S. 242). Weiteren Arbeiten in diese Richtung wird
der umfangreiche Anhang hilfreich sein, in dem sich ein Spezialinventar des von der Autorin
gesichteten Archivmaterials verbirgt. Diese fundierte und durchaus spritzig geschriebene
Arbeit bietet sicherlich so manchem Freiburg-Kenner interessante neue Erkenntnisse,
Petra Rohde
Martina Reiling, Bevölkerung und Sozialstruktur Freiburgs i. Br. im 17. und 18, Jahrhundert
. Familien, Gewerbe und sozialer Status (Veröffentlichungen aus dem Archiv der Stadt
Freiburg im Breisgau Bd. 24). Verlag Ploetz, Freiburg 1989. 358 S,, 4 farbige Karten.
Vor dem Hintergrund eines in den letzten Jahren gesteigerten Interesses für Fragen der Sozialgeschichte
, insbesondere für die Struktur der Gesellschaft und ihrer einzelnen Schichten ist
die vorliegende Dissertation zu sehen, in der am Beispiel Freiburgs die Struktur einer Stadt
in der frühen Neuzeit autgezeigt werden soll. Gegenstand der Untersuchung, die als Teil eines
größeren Projekts zur historischen Demographie Freiburgs im 17. Jahrhundert entstand, ist
allerdings nicht, wie der Titel der Arbeit vermuten läßt, die Gesamtbevölkerung, sondern nur
die Schicht der Handwerker und Kaufleute, und auch sie nur soweit sie über Hausbesitz in
Freiburg verfügte. Die Beschränkung auf eine bestimmte Zeit wie auf eine bestimmte Gesellschaftsschicht
ist nicht nur bedingt durch die Schwierigkeit, die Gesamtbevölkerung über
Jahrhunderte hinweg einer sozialgeschichtlichen Untersuchung zu unterziehen, sondern
ebenso durch die Quellen, die für die einzelnen Schichten in unterschiedlicher Dichte überliefert
sind. Sie stehen für die hausbesitzenden Handwerker und Kaufleute mit dem 1903 veröffentlichten
Freiburger Häuserbuch sowie mit den Kirchenbüchern, mit rund 2000 Erbschaftsakten
und anderen einschlägigen Archivalien in ausreichendem Maße zur Verfugung.
Nach einleitenden Kapiteln über die Geschichte Freiburgs im 17. und 18. Jahrhundert, über
die ausgewerteten Quellen sowie über die allgemeine Entwicklung und Struktur der Bevölkerung
Freiburgs befaßt sich die Autorin mit Lage und Verteilung der Gewerbe im Stadtgebiet
sowie mit deren wirtschaftlicher Situation und Entwicklung. Sie kommt zum Ergebnis, daß
nicht nur solche Gewerbe, die auf Wasser oder große Feuer angewiesen waren (Müller, Schleifer
, Gerber, Färber. Fischer sowie Bäcker, Hafner und Schmiede) in bestimmten Straßen und
Stadtvierteln (vor allem am Gewerbebach oder am Stadtrand) ansässig waren, sondern daß
auch andere, nicht standortgebundene Gewerbe sich an bestimmten Stellen der Stadt konzentrierten
und daß diese Konzentration durch die Praxis der Berufs- und Besitzvererbung, durch
Zunftordnungen und durch die Wahl des Ehepartners begünstigt wurde. Meist wohnten die
Handwerker auch da, wo sie ihre Werkstätten hatten; nur die „Bacherer" (Edelsteinschleifer)
und die wohlhabenden Gerber bildeten dabei offensichtlich eine Ausnahme, In einem zweiten
Teil der Arbeit vergleicht die Verfasserin diese Ergebnisse mit der Rangfolge der Sozialschichten
, wie sie sich aus der Rangordnung der Zünfte, aus Kleider- und Taufordnungen und besonders
aus der Wahl von Paten ablesen läßt. Erwartungsgemäß zeigt sich, daß Angehörige der
angesehenen und wirtschaftlich stärkeren Gewerbe und Berufe (Kau Heute, Verwaltungsbedienstete
, Metzger, Gerber, Schmiede und Bäcker) als Paten besonders gefragt waren und daß
sich der Beliebtheitsgrad bei der Patenwahl im allgemeinen mit der Rangfolge der Gewerbe
hinsichtlich Hausbesitz, Häuserwert und -Verschuldung deckte. Uber diese allgemeinen Ergebnisse
hinaus lassen sich der Darstellung zahlreiche Einzelheiten zur Geschichte der Stadt,
ihrer Bevölkerung und ihrer Familien entnehmen. Dasselbe gilt auch von den umfangreichen
Listen und Tabellen, die die Hälfte des Bandes ausmachen. Sie werden ergänzt durch vier farbige
Karten, denen der 1984 erarbeitete Kellerplan von Freiburg zugrundeliegt. Insgesamt bie-
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