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Städtebaulicher Bezug zum Münster
Oberbürgermeister Winterer beklagte zwar, da er eine monumentalere Gestaltung
vorgezogen hätte? daß die Türme nicht in der geplanten Höhe ausgeführt worden waren
,49 lobte aber dennoch den vollendeten Kirchenbau bei seiner Einweihung am
15. Oktober 1899. Der Münsterturm freue sich, daß allmählich ein Kranz von schönen
Kirchen und Türmen an ihm hinaufstrebe. Daß dieselben sich in ihrer Höhe innerhalb
einer gewissen Ideallinie des Respektes halten, betrachte er „als eine Huldigung
gegen den König der schönen Türme der Erde".50 Auch die in dem
Kirchenbauverein herausgegebene Festschrift zur Einweihung setzt St. Johann mit
dem Münster in Beziehung: „Für den Stil der Kirche war das bedeutenste kirchliche
Bauwerk der Stadt, das Münster im allgemeinen maßgebend, wobei übrigens nicht
verschwiegen werden soll, daß Freiburg, wie z. B. in seiner Universitätskirche, auch
an Barockbauten ersten Ranges, was Innenwirkung und fein abgewogenes Detail anbelangt
, nicht arm ist. Man glaubte aber dabei einen richtigen Griff zu tun, nicht an
das hohe Lied des Münsters, an das Vollendetste, was die deutsche Gotik geschaffen,
anzuschließen, sondern bei den schlichten, strengen Formen seiner ältesten Teile im
romanischen Stile die Anknüpfung zu versuchen. Auch die Anordnung von zwei klei
neren Türmen, an Stelle eines großen Mittelturmes, entsprach diesem Gefühl der Un
terordnung und Bescheidenheit. Die Gruppierung derselben ist eine symmetrisch einfache
, wie sie der einmal gewählte Stil verlangt, frei von allen architektonischen
Mätzchen, ohne dabei weder auf eine wirkungsvolle, noch malerisch wirkende Silhouette
zu verzichten"503 Bei keiner anderen Kirche im 19. Jahrhundert in Freibui^
gibt es so viele Hinweise auf den Bezug zum Münster in Stil und Turmhöhe wie bei
der Johanneskirche. Die Wünsche der Stadt nach hohen, weithin sichtbaren Türmen
an einem repräsentativen Kirchenbau wurden von Dürrn geteilt, wie ein erster Entwurf
zeigt, der einer von ihm skizzierten Stadtsilhouette zu entnehmen ist.
Skizze der Stadtsilhouette
Das erste Projekt von Dürrn zu St. Johann zeigt die Kirche in einer Ansicht mit dem
Münster zusammen. Die Skizze gibt vor allen Dingen die dunkle Silhouette gegen
den hellen Hintergrund wieder, (Abb. 11) Es handelt sich nicht um die Darstellung einer
Kirche, wie Hübsch sie gegeben hat, sondern um die reine Wirkung der Türme
von einem fernen Standpunkt aus gesehen. Allerdings befindet sich die Johanneskirche
in der Abbildung an einem seltsamen Platz. Da das Münster mit den beiden Hahnentürmen
von Südosten gesehen wird, müßte St, Johann etwa in der Höhe des
Schwabentores liegen. Der große Turm mit den zwei kleinen des Münsters wechselt
mit den zwei großen und dem kleinen von St. Johann. Weitere Kirchen sind nicht zu
sehen. Die Skizze stammt vom 27. Januar 189L In diesem frühen Plan hat St. Johann
schon den Umriß, wie er später ausgeführt wurde. Von keinem der anderen Architekten
, die in Freiburg an Kirchenbauten beteiligt waren, ist ein derartiges Dokument
bekannt, das die Kirchtürme zueinander in Beziehung setzt und ihre Wirkung aufeinander
beachtet.
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