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Turm der Martinskirche
Baugeschichte und Stil der Kirche
1246 übergab Graf Konrad von Freiburg den Minoriten die alte Martinskapelle und
vier anliegende Hofstätten innerhalb der Stadt, nachdem sie schon eine Weile vor den
Toren gewohnt hatten. Kloster und Kirche wurden wahrscheinlich über dieser Kapelle
errichtet, darauf weist ein rechteckiger Mauerzug unter dem heutigen Mittelschiff
hin.51 Zuerst wurde aber das Kloster mit den Wohnungen der Mönche erstellt
und seit 1262 der Chor. Kurz nach 1318 muß dann auch das Langhaus vollendet gewesen
sein.52 Die dreischiffige Kirche mit hohen Arkaden auf Säulen und kurzem von
Rundfenstern beleuchtetem Obergaden ist flach gedeckt und öffnet sich mit einem
großen Spitzbogen zum langen kreuzrippengewölbten Chor, neben dem, seitlich abgetrennt
, Kapellen angeordnet sind. Durch die Grundstücksgrenze bedingt mußte die
nördliche Seitenschiffwand eingeknickt werden.53 Die einfache romanische Basilika
weist der Bauzeit entsprechend auch am Außenbau gotische Elemente auf, wie die
hohen maßwerkgeschmückten Spitzbogenfenster und die zwei, wenn auch groben
und wahrscheinlich überflüssigen Strebepfeiler seitlich des Portals, Nach dem Dreißigjährigen
Krieg wurde bei der Wiederherstellung der beschädigten Teile der Innenraum
barockisiert. Ab 1816 wurde diese Veränderung wieder entfernt, 1840—52
wurde die Klosteranlage abgebrochen. Vom alten Kloster blieb nur noch die östliche
Hälfte mit den Kreuzgangarkaden übrig.
Quellen zur Planung und Errichtung des Turmes
Das 1704 schon baufällige Glöckchen über der Vierung wurde 1803 erneut als schadhaft
bezeichnet.54 Doch erst 1890-93 konnte ein Turm für das schon seit 1785 zur
Pfarrkirche erhobene Gebäude errichtet werden, nachdem sich der damalige Pfarrer
Dr. Heinrich Hansjakob mit aller Kraft hinter diese Aufgabe gestellt hatte.55 1890
entwarf Franz Baer einen Turm an der Kirchenfassade, die er gleichzeitig gotisch
umgestalten wollte. (Abb. 12) Zu diesem Plan nahm das Städtische Hochbauamt am
19. September 1890 Stellung: Es begrüßte zwar, im allgemeinen städtischen Interesse
grundsätzlich, die Errichtung von Türmen, die zumal im Zentrum wirkungsvoll und
monumental gestaltet würden, meldete jedoch in diesem speziellen Fall Bedenken an
gegen die Stellung des Turmes an der südwestlichen Ecke der Kirche. Kam doch der
60 Meter hohe Turm dadurch in unmittelbare Nähe des Rathauses zu stehen, nur 20
Meter von diesem entfernt.56 Auch wurde eingewendet, der Turm sähe in der vorliegenden
Gestaltung wie ein Kamin aus,57 So beauftragte der Stadtrat den Architekten
Josef Dürrn, ein fachmännisches Gutachten abzugeben. Der allerdings äußerte
sich positiv zu Baers Plan: „Die kahl und trocken wirkende Eingangsfassade der Kirche
wird durch den Turm geschmückt, und dabei entsteht keinerlei Beeinträchtigung
an Licht und Luft für das Rathaus, da eine so lichte und schlanke Form die umliegenden
Gebäude nicht erdrücken kann. Die Kirche braucht einen wirkungsvollen Abschluß
, und dieser Entwurf wäre eine interessante Silhouette. . . Ich würde empfehlen
, den Turm in die Flucht oder Stirnseite der Kirche zu rücken, die beiden
barocken Strebepfeiler desselben, von denen der eine nach dem mitgeteilten Grundplan
nur eine sehr zweifelhafte Funktion hat, wegzunehmen und durch statisch und
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